Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Heute Mops und Bulldogge, morgen Dackel?
Trend Jede Zeit hat ihren Modehund. Woher das kommt und welche Auswirkungen das auf die Tiere hat
Augsburg Als die Serie „Lassie“im Fernsehen lief, entschieden sich viele Menschen für einen Collie als treuen Begleiter. Mit Bill Clinton überholte der Labrador den Golden Retriever als Familienhund und Anfang der 2000er Jahre kam mit Hotelerbin Paris Hilton und ihrem Hund Tinkerbell der Chihuahua in Mode. Begründer der Modehundtradition war übrigens kein Geringerer als Kaiser Wilhelm II. mit seiner Vorliebe für den Dackel. Diese Rasse gehörte jahrzehntelang zu den beliebtesten in Deutschland – 1972 war ein Dachshund namens Waldi sogar das Maskottchen der Olympischen Spiele in München.
Doch der Dackel hatte es einige Jahre lang schwer. Udo Kopernik, Sprecher des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH), sieht eine Trendwende. Denn gerade dadurch, dass viele Menschen in Großstädte zögen, seien kleine Hunde derzeit wieder sehr beliebt. „Das betrifft vor allem die kurzschnäuzigen Rassen wie Englische und Französische Bulldoggen sowie den Mops oder den Chihuahua, aber eben auch den Dackel“, erklärt Kopernik. Das statistisch zu belegen sei allerdings schwierig – denn in Deutschland gibt es keine zentrale Registrierungspflicht für Hunde. Die Daten der Städte und Gemeinden zur Hundesteuer werden nicht bundesweit gesammelt. Als Beispiel für große Städte und den Trend zu kleinen Hunden verwendet Kopernik die Zahlen der Stadt Hamburg, da es dort eine Registrierung gibt.
Viele Haustiere in Europa sind allerdings bei der Organisation Tasso registriert. Unter den zehn am häufigsten neu registrierten Hunderassen des vergangenen Jahres in Deutschland finden sich die meisten Rassen, die auch Kopernik nennt. Der Chihuahua belegt mit knapp 13 000 Neuregistrierungen im Jahr 2016 Platz drei der Zuchthunde, ihm folgen gut 9600 französische Bulldoggen auf Platz fünf. Der Mops schaffte es im Jahr 2016 knapp nicht mehr unter die beliebtesten zehn, der Dackel findet sich auf Platz 20 wieder. Spitzenreiter unter den Rassehunden sind allerdings große Tiere – fast 20000 Labradorretriever belegen Platz eins, beinahe 15 000 Schäferhunde Platz zwei und immerhin knapp 7000 Golden Retriever Platz sieben. „Diese großen Hunde findet man eher im ländlichen Bereich oder in den Speckgürteln der Großstädte“, sagt Verbandssprecher Kopernik. Ein Grund dafür sei das Image des Retrievers, der als leicht erziehbarer Familienhund gelte. Kopernik warnt jedoch vor solchen Annahmen. „Jeder Hund braucht eine klare soziale Gemeinschaft und will intensiv beschäftigt werden.“Er warnt deshalb vor Spontankäufen – solche Hunde landeten oft schnell im Tierheim, weil sich die Besitzer zu wenig mit den Bedürfnissen eines Hundes beschäftigt haben.
Eine weitere Gefahr gerade bei Modehunden sind Kopernik zufolge Welpen-importe aus dem Ausland. „Für Hunde mit kurzen Schnauzen wie Möpse oder Bulldoggen gelten in Deutschland strenge Zuchtbestimmungen.“Obwohl diese Rassen derzeit in Mode seien, gebe es bei den deutschen Züchtern aufgrund der Regeln nur wenig Nachwuchs bei diesen Rassen – zum Teil unter 300 Welpen im Jahr. Auf der anderen Seite würden jährlich deutlich mehr Jungtiere bei Tasso registriert, sagt Kopernik. „Diese Tiere sind Importe, häufig aus Osteuropa.“Die Folgen der schnellen, auf Masse getrimmten Zucht im Ausland seien zahlreiche Krankheiten, unter denen die Hunde leiden.
Vor den sogenannten Qualzuchten warnt der Präsident der Bayerischen Landestierärztekammer, Dr. Karl Eckart, der als Tierarzt im Unterallgäu tätig ist. „Gerade bei Modehunden besteht die Gefahr, dass die Tiere hauptsächlich schön und zweckmäßig sein sollen“, sagt er. Das kindliche Rundkopfschema von Mops und Bulldogge sei darauf getrimmt, dem Menschen zu gefallen. Durch die platten Schnauzen litten die Tiere häufig unter Schmerzen, bekämen nur schwer Luft. Eckart rät deshalb, ein Tier nur dann zu kaufen, wenn sich die Herkunft zurückverfolgen lässt. „Es muss nicht unbedingt ein Züchter sein, solange klar ist, woher das Tier kommt.“
Auslöser dafür, welche Tiere sich zu einer bestimmten Zeit besonders großer Beliebtheit erfreuen, sind Kopernik zufolge meist Prominente. Der Mops sei durch Loriot in den 1950er und 1960er Jahren zum Modehund geworden, dann aber lange Zeit in der Versenkung verschwunden. „Seine Renaissance erlebte er mit dem Film ‚Men in Black II‘“, sagt der Verbandssprecher. Dadurch sei ein junges Publikum auf die optisch markante Hunderasse aufmerksam geworden. Als Trittbrettfahrer des Mopses bezeichnet er die französische Bulldogge, die ihm mit ihrer ebenfalls kurzen Schnauze ähnelt.
Diese starke Prägung durch Prominente, Filme und Tv-serien könne sich aber auch negativ auf die Beliebtheit einer Hunderasse auswirken, meint Kopernik. Das Image des Dackels habe durch die Tvsendung „Hausmeister Krause“gelitten. Ähnlich sei es dem Pudel mit der Verbindung zu den singenden Jacob Sisters ergangen. Kopernik ist aber davon überzeugt, dass diese beiden Hunderassen bald wieder öfter zu sehen sein werden. Im Gegensatz zu Mops und Bulldogge seien sie kaum krankheitsanfällig. „Mein Geheimtipp ist der Pudel“, sagt er. Denn den gebe es, ähnlich wie den Dackel, in verschiedenen Größen und Farben, er sei aber mehr auf den Menschen bezogen und weniger stur.