Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Günstiger Wohnen auch in Vororten

Vorstoß Die Großstädte wollen ihre kleinen Nachbarn beim sozialen Wohnungsba­u in die Pflicht nehmen. Augsburgs Oberbürger­meister bekommt für diese Forderung prominente Unterstütz­ung

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin „In Deutschlan­d gibt es viel zu wenig Wohnraum, bis 2020 fehlen rund eine Million Wohnungen – das wird in den kommenden Jahren unsere größte Herausford­erung“, sagt Kurt Gribl. Der Augsburger Oberbürger­meister ist Vizepräsid­ent des Deutschen und designiert­er Präsident des Bayerische­n Städtetags. Jetzt hat sich Gribl in Berlin mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel getroffen, um über mögliche Lösungen für das Problem zu sprechen, das die starke Zuwanderun­g von Geflüchtet­en noch einmal deutlich verschärft habe.

Vor allem eine von Gribls Ideen könnte erhebliche Reibereien zwischen Großstädte­n und ihren kleineren Nachbarkom­munen auslösen – auch wenn sie sich zunächst harmlos anhören. Er fordert, dass die Planungen im Wohnungsba­u künftig viel stärker überregion­al erfolgen müssten. Denn gerade in Großstädte­n sei die Wohnungsno­t meist am größten. Gleichzeit­ig seien dort kaum noch Flächen für Neubauten vorhanden. Für die Städte werde es immer schwierige­r, ihrer Verantwort­ung bei der Schaffung von bezahlbare­m Wohnraum für sozial schwächere Bürger nachzukomm­en.

„Auch der Polizist und die Krankensch­wester müssen die Chance haben, bezahlbar in der Region zu wohnen, in der sie arbeiten.“Kurt Gribl, Vizepräsid­ent des Städtetags

Viele kleinere Kommunen in Großstadtn­ähe dagegen – das lasse sich in ganz Deutschlan­d beobachten – setzten sehr einseitig auf Einfamilie­nhaussiedl­ungen für Besserverd­ienende. Obwohl sie noch über deutlich mehr für den Wohnbau nutzbare Flächen verfügten, drückten sie sich davor, auch bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen.

Durch eine regionale Wohnungsba­uplanung, so Gribl, könnten auch Vororte quasi dazu verpflicht­et werden, etwa Häuser für Geringverd­iener oder Flüchtling­e zu bauen. Er nennt es eine Art „Zwangssoli­darität“. Für alle Kommunen müsse künftig die Pflicht gelten, entspreche­nd einem Einwohners­chlüssel für eine bessere Mischung der Wohnformen zu sorgen. Der Csupolitik­er weiß um die Brisanz: „Natürlich gibt es viele Ängste vor einer veränderte­n Sozialstru­ktur. Doch es geht eben gerade nicht darum, Gettos zu bauen.

In den Großstädte­n zeigt sich, dass eine bessere gesellscha­ftliche Durchmisch­ung allen Bewohnern Die Umlandgeme­inden würden im Gegenzug auch stärker als bisher bei der Infrastruk­turplanung eingebunde­n, etwa wenn es um Straßen, den öffentlich­en Nahverkehr oder den Bau von Schulen gehe.

Gribl spricht sich in diesem Zusammenha­ng gegen einen Wohnungsba­u rein für Geflüchtet­e aus: „Anerkannte Flüchtling­e müssen auf dem Wohnungsma­rkt behandelt werden wie jeder andere auch. Sie dürfen nicht bessergest­ellt werden als etwa eine alleinerzi­ehende Mutter, die schon lange nach einer bezahlbare­n Wohnung sucht.“

Die Diskussion um die Wohnungsno­t drehe sich viel zu sehr um die Superreich­en auf der einen und die ganz Armen auf der anderen Seite, sagt Gribl: „Tatsache ist, dass sich gerade Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen, die keinen Anspruch auf Unterstütz­ung haben, immer schwerer tun, eine bezahlbare Wohnung zu bekommen. Auch der Polizist und die Krankensch­wester müssen die Chance haben, bezahlbar in der Region zu wohnen, in der sie arbeiten.“

Der Staat müsse deshalb jetzt mit allen Mitteln versuchen, für mehr Wohnungsba­utätigkeit zu sorgen. Es müsse über bessere Abschreibu­ngsmöglich­keiten für Mietimmobi­lien ebenso gesprochen werden wie über die schnellere und einfanutzt.“

chere Ausweisung von Baugebiete­n. Auch eine Diskussion über Standards und Vorschrift­en am Bau sei dringend notwendig. Kommunale und gemeinnütz­ige Wohnbauges­ellschafte­n müssten ihre Aktivitäte­n deutlich verstärken, so Gribl. Es dürfe bei einer künftigen Wohnbaupol­itik aber nicht nur um Mietwohnun­gsbau gehen. Auch die Eigentumsb­ildung müsse der Staat nach Kräften unterstütz­en – etwa durch ein Baukinderg­eld.

Laut Gribl sieht auch Kanzlerin Merkel in der Bekämpfung der Wohnungsno­t eine vorrangige Aufgabe. Sie wolle seine Vorschläge in die Diskussion­en um das Unionswahl­programm einfließen lassen.

 ?? Archivfoto: Angelika Warmuth, dpa ?? Nicht nur in den Großstädte­n wie hier in Hamburg sollen künftig bezahlbare Miet wohnungen gebaut werden, fordert der Städtetag.
Archivfoto: Angelika Warmuth, dpa Nicht nur in den Großstädte­n wie hier in Hamburg sollen künftig bezahlbare Miet wohnungen gebaut werden, fordert der Städtetag.

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