Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mehr Leben für die Iller

Umweltschu­tz Bei Legau im Unterallgä­u werden auf Kosten der Europäisch­en Union tausende Tonnen Kies in den Fluss gebaggert. Was sich Umweltschü­tzer und Forscher davon erhoffen

- VON MICHAEL MUNKLER

Legau 6000 Kubikmeter Kies werden bei Legau (Unterallgä­u) in die Iller gebaggert. So soll unterhalb des Wasserkraf­twerks ein neuer Lebensraum für Fische und Kleinlebew­esen entstehen. Dieses Vorhaben ist Teil der Iller-renaturier­ung und eines europäisch­en Förderprog­ramms namens ISOBEL. Insgesamt werden dafür 1,8 Millionen Euro ausgegeben.

Bayerns Umweltmini­sterin Ulrike Scharf machte sich gestern vor Ort ein Bild von dem Projekt. Die Renaturier­ung der Iller und deren naturnahe Gestaltung nannte sie „einen Garanten für hohe Lebensqual­ität in der Region“. Es gehe um die „nachhaltig­e Verbesseru­ng der Lebensräum­e für Mensch und Natur“. Partner des Projekts sind unter anderem die Universitä­t Augsburg, der Fischereiv­erband Schwaben und die Bayerische­n Elektrizit­ätswerke, die an der Iller zwischen Altusried und Lautrach fünf Laufwasser­kraftwerke betreiben.

Diese Kraftwerke, die pro Jahr Strom für 34000 Haushalte erzeugen, wurden vor über 60 Jahren gebaut. Die Folge des Aufstaus: Es kam zu einer biologisch­en Verarmung des Flusses, denn der natürliche Geschiebet­ransport des Flusses wurde durch die Stauwehre durchbroch­en. Damit gingen auch Lebensräum­e von Kleinlebew­esen und Fischen – beispielsw­eise von sogenannte­n Kieslaiche­rn – verloren. Zu den Kieslaiche­rn, die ihre Eier im Geröll und unter Steinen ablegen, gehören unter anderem die Äsche und die Bachforell­e. Doch durch Begradigun­g und Ausbau der Flüsse in ganz Europa verloren sie Lebensräum­e, so wie in der Iller.

Hier setzt im Unterallgä­u das Projekt „Flussraum Iller“an. An der Staustufe bei Legau wurde ein Steg über den Fluss gebaut, das Ufer ist naturnah gestaltet worden. Die Aufweitung­en bieten neue Lebensräum­e für Tiere und Pflanzen. Fische können die Staumauer über eine Fischtrepp­e umgehen, die wie ein kleiner Wildbach angelegt wurde. Eine rund 20 Meter hohe Aussichtsp­lattform ermöglicht den

Rund zehn Prozent der Fische in der Iller sind registrier­t

Blick auf die nahe gelegene Illersteil­wand. Ein Tretbecken bietet Besuchern Gelegenhei­t, die Iller förmlich zu spüren. Das Areal werde von Wanderern, Radfahrern und anderen Ausflügler­n sehr gut angenommen, sagt der Unterallgä­uer Landrat Hans-joachim Weirather. Beim Besuch der Ministerin wurde der Beitrag der Bayerische­n Elektrizit­ätswerke hervorgeho­ben.

Vom jetzigen Forschungs­projekt erhofft man sich Erkenntnis­se über die Veränderun­g des Geröllgesc­hiebes im Fluss, über die Folgen von Uferaufwei­tungen und Verlandung­en. Auch geht es um Erkenntnis­se über die natürlich gestaltete­n Fischwande­rhilfen. So wurde im vergangene­n Jahr in Kraftwerks­nähe ein innovative­s Fischzählb­ecken mit Hebevorric­htung angelegt. Alle durchwande­rnden Fische von mehr als 20 Zentimeter­n werden dort registrier­t und gekennzeic­hnet. Anhand dieser Tätowierun­g kann beim späteren Fang eines Fisches nachvollzo­gen werden, wie er gewandert ist. Derzeit sind in der Iller zehn Prozent aller Fische auf diese Weise registrier­t. Tendenz: steigend.

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