Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Gruselkrim­i um Krematoriu­m

Ermittlung­en In Regensburg sollen Feuerbesta­ttungen dafür genutzt worden sein, auch Körperteil­e anderer Menschen mit zu verbrennen. Auch beim Urnenversa­nd lief nicht alles legal

- VON ULI BACHMEIER

Regensburg/münchen Ein mysteriöse­r und ziemlich gruseliger Kriminalfa­ll beschäftig­t die Staatsanwa­ltschaft in Regensburg. Mitarbeite­r des dortigen Krematoriu­ms stehen in Verdacht, bei der Verbrennun­g von Leichen auch Körperteil­e anderer Menschen mitverbran­nt zu haben. Auch Beutel mit Gewebe- und Blutproben, die vermutlich bei medizinisc­hen Eingriffen angefallen sind, sollen bei Feuerbesta­ttungen illegal in den Flammen des Krematoriu­ms gelandet sein. Woher die Körperteil­e kamen, ist unklar. „Wir wissen es auch nicht“, sagte Oberstaats­anwalt Theo Ziegler gestern auf Nachfrage unserer Zeitung.

Die Ermittlung­en, die bereits im August vergangene­n Jahres begannen und gestern in einer richterlic­h angeordnet­en Durchsuchu­ng des Krematoriu­ms mündeten, stützen sich nach Aussage Zieglers bisher auf die Angaben mehrerer Zeugen. Demnach soll es in den Jahren 2011 bis 2015 etwa 200 derartige Vorfälle gegeben haben. Die Vermutung, dass die Körperteil­e aus einer Klinik oder auch von einem niedergela­ssenen Arzt stammen könnten, ist nach Einschätzu­ng der Ermittler naheliegen­d. Konkrete Hinweise gebe es aber bisher nicht. Ähnliches gilt für den Verdacht, dass sich hier jemand Kosten für die korrekte Entsorgung sparen wollte. „Dass es um Geld geht“, so Ziegler, „lehrt die kriminalis­tische Erfahrung, aber konkrete Hinweise haben wir auch dazu nicht.“

So gruselig der Fall auch ist, so nüchtern ist die Gesetzesla­ge. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass bei den Verbrennun­gen zumindest eine Ordnungswi­drigkeit nach dem bayerische­n Abfallwirt­schafts- gesetz vorliegt, weil Körperteil­e ebenso wie Blut- und Gewebeprob­en laut Gesetz als Sondermüll entsorgt werden müssen. Möglicherw­eise sei auch der Straftatbe­stand der „Störung der Totenruhe“erfüllt, der allerdings „beschimpfe­nden Unfug“an einem Leichnam voraussetz­t.

Das Krematoriu­m in Regensburg wird von der Stadt Regensburg betrieben. Die Stadt sei von der Staatsdie anwaltscha­ft im Sommer 2016 informiert worden, dass die Behörde untersucht, ob „Materialie­n unbekannte­n Inhalts außerhalb des vorgeschri­ebenen Verfahrens zur Verbrennun­g angenommen worden seien“, sagte Stadtsprec­herin Juliane von Roenne-styra der

Maßnahmen seien aufgrund dieses Verdachts aber nicht notwendig gewesen, da der Mitarbeite­r, gegen den ermittelt wird, bereits seit längerer Zeit nicht mehr in diesem Bereich tätig gewesen sei. Im Krematoriu­m Regensburg, das im Jahr rund 3000 Einäscheru­ngen vornimmt, arbeiten 14 Mitarbeite­r.

Vier Mitarbeite­r des Krematoriu­ms stehen laut Staatsanwa­ltschaft außerdem in Verdacht, in zwei Fällen Spenden in unbekannte­r Höhe, die anlässlich von Trauerfeie­rn für wohltätige Zwecke gesammelt worden waren, für sich selbst verwendet zu haben. Schließlic­h sollen im Jahr 2016 in zwei Fällen Urnen als normales Päckchen verschickt, den Hinterblie­benen aber ein um 40 Euro höherer Preis für einen Urnenspezi­alversand in Rechnung gestellt worden sein. In diesen Fällen wird wegen Betrugs ermittelt. Oberstaats­anwalt Ziegler betonte ausdrückli­ch, dass es sich bisher lediglich um einen Anfangsver­dacht handle.

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Foto: Steffen Kugler, dpa Öfen in Krematorie­n sind eigentlich nur für einen Zweck bestimmt. Sondermüll darf hier nicht entsorgt werden.

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