Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Menschenfilmerin
Porträt Wenn Dominique Klughammer einen neuen Streifen angeht, vergehen oft Jahre bis zur ersten Ausstrahlung. Zuletzt hat sie Menschen in Umbruchzeiten begleitet. Aber auch Fußball wäre für sie mal ein Thema
Dominique Klughammer ist ein wenig kamerascheu. Zumindest, wenn ein Fotograf das Objektiv auf sie richten will. Ansonsten bestimmen Fotos und Filme ihr Leben, denn sie arbeitet erfolgreich als Filmemacherin. Jüngst lief ihre dreiteilige Reihe „20 – 40 – 60“im ZDF. Zwei Jahre lang begleitete sie Menschen aus drei Generationen in Phasen, in denen sie die Weichen für ihre Lebensplanung überprüfen und oft neu stellen müssen.
Dokumentationen über einen längeren Zeitraum liegen der 49-Jährigen besonders. Sie will Beziehungen zu den Menschen aufbauen, die sie dann mit ihrem Kamerateam begleitet. „Oft bleiben daher diese Kontakte auch weit über die Zeit der Vorbereitung und Dreharbeiten hinaus weiter bestehen. Das zeigt mir, dass ich mit meinen Darstellern respektvoll und angemessen umgegangen bin“, erzählt Klughammer.
„Menschenfilme“nennt sie ihre Werke und grenzt sich damit unter anderem von den oft reißerisch aufgemachten Tv-beiträgen und den Reality-dokus der Privatsender ab. Auf die Idee zu ihrem Generationen-dreiteiler kam Klughammer aus ihrer eigenen Lebenserfahrung heraus. Als sie in die 40er-jahre kam, dachte sie viel über ihr künftiges Leben nach, versuchte, ihre Zu- kunft neu zu planen. „Ähnlich wie damals mir geht es vielen Menschen in der Lebensmitte. Aber auch das Erwachsenwerden oder die Schwelle ins Alter sind Phasen der Neuorien- tierung. Solche neuralgischen Zeiten wollte ich beispielhaft darstellen“, sagt sie. Aus diesem Gedanken heraus produzierte sie zwei Staffeln der Dokumentation „20 – 40 – 60“. Die erste lief vor vier Jahren im die zweite im Januar. Seit über neun Jahren beschäftigt sie sich mit diesem Stoff. Zwischen der Idee zu einem Film bis zu seiner Ausstrahlung vergehen Monate, manchmal Jahre. Klughammer schreibt ihre Drehbücher selbst, recherchiert die Fakten und sucht Menschen, an denen sie ihre Ideen festmachen kann. Diese Protagonisten muss sie oft mit großem Aufwand suchen, ihr Vertrauen gewinnen und sie bis zu den Dreharbeiten bei der Stange halten. Dafür investiert sie gerne viel Zeit, Hartnäckigkeit und Geduld.
„Ich sage ihnen nicht nur, was ich im Film zeigen möchte, sondern erzähle ihnen sehr bald, was nach der Ausstrahlung der Filme auf sie zukommen könnte. So viel Respekt und Fairness gegenüber meinen Protagonisten ist mir sehr wichtig“, sagt Dominique Klughammer. Es bedarf unzähliger Anrufe, Mails und Reisen, bis sie ihre Protagonisten beisammen hat oder sie erreicht. Für die erste Folge von „20 – 40 – 60“musste Dominique Klughammer mit ihrem Team auf die Philippinen reisen, um eine junge Frau zu treffen, die dort ein soziales Praktikum machte.
Als die letzte Folge der Dokumentation ausgestrahlt war, machten sich Freude und Erleichterung breit. Die Filmemacherin schickte eine Mail an die Mitwirkenden, Freunde und Kollegen, in der sie schrieb: „Ich könnte heute die ganze Welt umarmen (...) Seit neun Jahren beschäftigt mich dieses Projekt. Es war die bisher größte berufliche Herausforderung meines Lebens, mein Albtraum, mein geliebtes Baby – alles gleichzeitig.“Irgendwann ist wohl auch die Geduld eines Menschen erschöpft, dessen Arbeit sich oft sehr lange hinzieht. Im Schnitt arbeitet Klughammer etwa sechs Monate an einer Dokumentation. Drei bis vier Filme schafft sie pro Jahr, „mehr geht nicht“.
Geboren in Mindelheim, kam Dominique Klughammer mit ihrer Familie als Kind nach Augsburg. Ihr Vater Armin Klughammer wurde Abteilungsleiter im Klinikum. Sie machte am Maria-ward-gymnasium Abitur und begann dann eine Ausbildung zur Redakteurin bei unserer Zeitung. Dann zog es sie nach München, sie wollte an die Hochschule für Film und Fernsehen. Sie setzte sich unter 700 Bewerbern durch und erhielt einen der 35 Studienplätze.
Verbindungen nach Augsburg hat sie über einige Freundinnen und ihren Vater. Sie besucht ihn häufig. Armin Klughammer war jahrzehntelang als Funktionär des Schwäbischen, Bayerischen und Deutschen Fußballverbandes aktiv und ist Fan des FCA. Diese Liebe hat auf die Tochter abgefärbt, und deshalb ist sie über aktuelle Spielergebnisse und die Bundesligatabelle stets auf dem Laufenden. Logisch, dass sie vor diesem Hintergrund auch einmal ein Fußballthema in einer Dokumentation aufgreifen möchte.