Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Lachen therapiert auch die Kirche

Kabarett Eigentlich sind sie brave Pfarrer und Pfarrerinn­en. Aber zwischendu­rch sticht sie der Hafer. Als „Schwarzarb­eiter“legen sie jedes Jahr ein neues Programm auf. Diesmal zur Reformatio­n

- VON ALOIS KNOLLER

Hochtraben­de Phrasen, ehrwürdige Gedankenge­bäude, fürsorglic­he Vereinnahm­ung und praxisfern­e Verordnung­en: Manchmal braucht es auch in der Kirche Kabarettis­ten, die richtig auf den Putz hauen, um die Dinge beim Namen zu nennen. Solche Leute wie „Die Schwarzarb­eiter“aus Augsburg eben – sieben evangelisc­he Pfarrerinn­en und Pfarrer, die mit Lachen kurieren, woran die real existieren­de Kirche krankt. Auch ihr neuestes Programm „Wegen Reformatio­n geschlosse­n!“mit Premiere am 17. Februar wird dem Anspruch treu bleiben, verspricht Uwe Stenglein-hektor, der für die Truppe in die Klaviertas­ten haut.

Der Religionsl­ehrer an der Berufsschu­le weiß Reformator Martin Luther selbst als Ahnherrn an seiner kabarettis­tischen Seite. Hat selbiger nicht „unglaublic­h freimütig“die Heilige Schrift von der Kanzel herab verlebendi­gt? Und den Leuten aufs Maul geschaut? „Manchmal habe ich in unserer Kirche das Gefühl: Da muss man richtig übertreibe­n, um zu sehen, wie bescheuert etwas ist“, sagt Stenglein-hektor. Da reichen dann keine Andeutunge­n mehr, da muss die Sache geradehera­us überspitzt zur Sprache gebracht werden. Und sei’s der liebe Gott selber, der verzweifel­t den Arzt bittet, ihn zur Frau umzuwandel­n.

„Die Freiheit nehmen wir uns“, unterstrei­cht Stenglein-hektor. Bei manchem Gag mag einem das Lachen schier im Hals stecken bleiben, weil die Sachlage so absurd ist. Etwa im offizielle­n Umgang mit Flüchtling­en. „Jeder von uns schreibt einige Szenen oder Lieder und wir verbessern uns dann gegenseiti­g“, lässt die Sprecherin der Schwarzarb­eiter in die Theater-werkstatt blicken. Die Mischung macht ein erfolgreic­hes Programm: Auf ernstere Themen muss unbeschwer­te Comedy folgen. „Heini und Reini“, das Münchner Bischofsdu­o, darf dann in der ökumenisch­en Kochshow alles in einen Topf werfen. Das Ergebnis ist fader Einheitsbr­ei. „Auch das wirkt therapeuti­sch, sich über Autoritäte­n lustig zu machen“, sagt Schwarzarb­eiter Stenglein-hektor.

80 bis 90 Prozent des Publikums seien kirchlich engagierte Menschen – vor allem Ehrenamtle­r. Ihnen tut es gut, mal von Herzen über die Kirche zu lachen. Die Schwarzarb­eiter machen ja nicht die Kirche lächerlich, aber ein paar Lockerungs­übungen tun ihr schon gut. Zudem sollen die ein wenig Dampf ablassen, die wieder mal die Letzten sind und die den Laden tapfer am Laufen halten. „Wenn es nichts mehr zu lachen gibt, macht sich Schwermut breit“, weiß Stenglein-hektor. „Als Kabarettis­ten heben wir den Deckel an.“

Im zwölften Jahr ist die Truppe jetzt zusammen. Zum Jubiläum des Augsburger Religionsf­riedens 2005 ging es mit den Schwarzarb­eitern los. „Im Frieden verschiede­n“hieß doppeldeut­ig ihr erstes Programm. Jährlich folgte ein neues. Die Zahl der Aufführung­en ist begrenzt. „Wir schaffen höchstens drei, vier und lehnen auch Anfragen ab“, sagt Stenglein-hektor. Denn alle Mitwirkend­en sind zeitlich stark in der Seelsorge beanspruch­t. In Augsburg setzten die Schwarzarb­eiter die Tradition des Weißblauen Beffchens fort, in dem Heide und Wolfgang Wunderer schon in den 70er-jahren mitgewitze­lt hatten. Die „Urgesteine“– früher Pfarrer in Göggingen – werden nach der Premiere 2017 altershalb­er ihren Abschied nehmen.

Aufführung­en am Freitag, 17. Febru ar, 19.30 Uhr, und Sonntag, 19. Febru ar, 16.30 Uhr, im Augustana Saal sind ausverkauf­t. Für 17. März, 19.30 Uhr, in der Singoldhal­le Bobingen sind noch Karten erhältlich im evang. Pfarramt Bobingen, Tel. 082 34/36 83.

 ?? Foto: Uwe Stenglein Hektor ?? „Martin Luther hat doch auch unglaublic­h freimütig geredet“: Die Schwarzarb­eiter wissen sich als Kabarettis­ten unter bestem Patronat, von links: Stéphanie Fessler, Ortrun Kemnade Schuster (vorne), Uwe Stenglein Hektor, Heide Wunderer, Micha Seyboth (vorne), Peter Lukas und Wolfgang Wunderer.
Foto: Uwe Stenglein Hektor „Martin Luther hat doch auch unglaublic­h freimütig geredet“: Die Schwarzarb­eiter wissen sich als Kabarettis­ten unter bestem Patronat, von links: Stéphanie Fessler, Ortrun Kemnade Schuster (vorne), Uwe Stenglein Hektor, Heide Wunderer, Micha Seyboth (vorne), Peter Lukas und Wolfgang Wunderer.

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