Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Als Luther gegen den Teufel anschrieb
Interview Sein Leben lang stritt der Reformator für den „richtigen“Glauben. „Tatort“-star Devid Striesow hat das überaus beeindruckt, obwohl er mit Religionszugehörigkeit oder mit der Bibel wenig anzufangen weiß
Herr Striesow, Sie spielen in einem neuen ARD-FILM den Reformator Martin Luther, der ja bekanntlich die Bibel ins Deutsche übersetzt hat. Lesen Sie manchmal in der Bibel? Devid Striesow: Nein, ich lese nicht in der Bibel. Ich hatte wie wohl so ziemlich jeder in der Jugend meine Selbstfindungsphase, und da habe ich auch immer mal wieder in der Bibel gelesen. Aber das ist lange her.
Striesow: Nein. Um ehrlich zu sein, sehe ich auch nicht die Notwendigkeit, einer bestimmten Religion anzugehören. Aber ich bin ein spiritueller Mensch, das heißt, ich vertraue darauf, dass es neben dem, was wir sehen, riechen, tasten können, noch etwas anderes gibt.
Was hat Sie daran Luther zu spielen? Striesow: Die große Zerrissenheit seines Charakters. Beim Spielen von Luther war es mein Ziel, diesen Menschen in seiner wechselhaften Persönlichkeit zu zeigen, wie man ihn sich anhand der Überlieferungen und seiner Lebensumstände vorstellen kann. Sein großes Engagement, seine enorme Energie, seine fast schon selbstzerstörerische Art, sich dem Leben zu nähern und den Themen, die ihn bewegten. Das war für mich eine große Herausforderung.
Sie wollten den Menschen historischen Figur zeigen. Striesow: Genau. Wer sich damit nicht beschäftigt, sieht beim Gedanken an Luther nur das ein oder andere Bild von Lucas Cranach vor sich, der ja viele Luther-porträts gemalt hat. Auf den Bildern von damals ruhen die Menschen immer so in sich, gucken den Betrachter an, und man denkt, die sind grundsätzlich nur mit würdevollen Schritten die Straße entlanggegangen. Dabei ist Luther doch ein ziemlich zerrissener Mensch gewesen.
Im Lutherjahr 2017 wird „500 Jahre Reformation“gefeiert. Der Film spielt aber etwas später, als der berühmte Thesenanschlag von 1517 schon Vergangenheit ist … Striesow: Ja. Aber Luthers Engagement hat sich bis zu seinem Lebensende hingezogen, und auch seine ständige Auseinandersetzung mit
Luther im Ersten: Devid Striesow als Reformator im Film „Katharina Luther“
Vor 500 Jahren veröffentlichte Mar tin Luther seine berühmten Thesen gegen den Ablasshandel, und die Fern sehsender würdigen dies das ganze Jahr über – auch die ARD mit dem Film „Katharina Luther“, der am 22. Fe bruar um 20.15 Uhr gezeigt wird.
Er betrachtet die Reformationszeit aus einem ungewöhnlichen Blick winkel: Devid Striesow spielt Martin Lu ther und Karoline Schuch die Nonne Katharina von Bora, die von seinen Ide en fasziniert ist. Sie flieht aus dem Kloster nach Wittenberg, heiratet den Reformator und wird nicht nur zur Mutter seiner Kinder, sondern ist für ihn auch eine gleichberechtigte Ge sprächspartnerin. Im Anschluss an den Film erklärt die Doku „Luther und die Frauen“ab 22 Uhr in der ARD, wie die Reformation die Stellung der Frau in der Gesellschaft verändert hat.
Devid Striesow kam 1973 auf Rü gen zur Welt und wuchs in Rostock auf. Nach seiner Schauspielausbildung in Berlin sorgte er auf Theaterbüh nen für Furore, im Kino spielte er zuletzt in der Verfilmung von Hape Kerke lings Pilgerbuch „Ich bin dann mal weg“die Hauptrolle. Seit 2013 ist er im Ersten in den „Tatort“Folgen aus Saarbrücken als unkonventioneller Kommissar zu sehen. (ski) dem Teufel. Der Teufel war damals kein Abziehbild, keine verniedlichte Darstellung von einem kleinen Typ mit Hörnern, sondern das war eine ganz reale Bedrohung, bedeutete für die Menschen eine existenzielle Angst in jeder Situation des Alltags. Diese Zerrissenheit zwischen Himmel und Hölle war eine emotionale Bedrängung für die Menschen damals, und dagegen hat Luther bis ans Lebensende angeschrieben.
Hatten Sie vor Drehbeginn auch in Erwägung gezogen, den Dialekt aus Luthers Heimatregion zu sprechen? Striesow: Wir haben das schnell verworfen. Man muss natürlich möglichst präzise sein in der historischen Darstellung, aber mit Dialekt wirkt es bestenfalls wie Schultheater oder Kunsthandwerk, im schlimmsten Fall wie ein Schwank, und das wollten wir natürlich auf gar keinen Fall. Außerdem: Wenn man anfängt, eine Art von Sächsisch zu sprechen, dann begrenzt man die Geschichte auf einen bestimmten Sprachraum, aber der Film soll ja eine Welt aufmachen. Wir wollten die Sache nicht verkleinern, sondern ihr eine bestimmte Größenordnung beimessen.
Der Film legt einen starken Fokus auf Luthers Ehefrau Katharina von Bora. Finden Sie es wichtig, dass im Lutherjahr mit diesem Film an sie erinnert wird? Striesow: Dass man im Lutherjahr versucht, die Reformationsbewegung über seine Partnerin zu erzählen, finde ich sogar besonders spannend. Es ist wichtig, dass man die Bedeutung solcher Frauengestalten betont ...
Die in früheren Zeiten im Hintergrund gewirkt haben. Striesow: Wenn ich vielleicht ein bisschen ausholen darf: Wenn ich mir den Film ansehe, sehe ich ihn mir an wie ein Zuschauer von außen – ich sehe nicht mich, ich sehe die Rollen. Und ich war unglaublich davon berührt, dass der Film Katharina von Bora als Mittelpunkt des Geschehens behandelt. Es hat mich auch sehr bewegt, dass sie nach dem Tod ihres Mannes nicht Luthers Erbe antreten durfte, das kann man sich heute ja gar nicht mehr vorstellen.