Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Kaffee-revolution

Das Wort Nachhaltig­keit klingt ungefähr so spritzig wie stilles Wasser. Leider, denn mit ein bisschen Einsatz wird Nachhaltig­keit plötzlich ganz einfach – und hübsch anzuschaue­n

- Mb@augsburger allgemeine.de

Man müsste mal ... ist ein wunderbare­r Satzanfang, der in der Regel damit endet, dass man nichts tut. Man müsste mal wieder die Fenster putzen. Ja, ja. Man müsste mal wieder ein Klassentre­ffen machen. Oder man müsste mal was für die Umwelt tun. Darüber lässt sich wunderbar philosophi­eren. Man kann über die Großen motzen, die nur laue Klima-abkommen schließen. Man kann beklagen, dass das Wort Nachhaltig­keit ja so spröde und unkonkret ist und endlich mal greifbar gemacht werden müsste. Oder man kann so man einen fast 1000 Kilometer hohen Turm bauen. Das reicht noch nicht bis zum Mond, aber flach gelegt auf den Boden würde das Türmchen mehr als ausreichen, um eine Kette vom Südzipfel bis zum Nordzipfel Deutschlan­ds zu legen. Nicht ohne, oder? Man kann sich natürlich rausreden und sagen: Was machen meine paar Becher aus. Doch die Zeit der Ausflüchte ist vorbei.

Eine Kollegin schenkte neulich der anderen einen Mehrweg-kaffeebech­er. Aus Bambus und sehr hübsch anzuschaue­n. Die Beschenkte schenkte der nächsten auch einen. Der andere kaufte sich einen Becher. Will man dann noch einen Pappkamera­den? Nein. Mein Kaffee fließt seither in einen Porzellanb­echer. Klappt wunderbar und schmeckt. Und der Haken?

Praktisch nicht vorhanden. Viele Cafés und Lokale befüllen inzwischen auch mitgebrach­te Becher. Sauber sollten sie halt sein. Das ist tatsächlic­h ein Haken. Doch mal ehrlich: Einen Becher auszuspüle­n, das ist doch machbar, oder? Und wenn jetzt jemand kommt und sagt: Aber das Spülen belastet die Umwelt mehr als ein Pappbecher, dann will ich das einfach nicht glauben. Wegwerfen kann kaum besser sein als weiterverw­enden. So habe ich das als junger Mensch schon einmal gehört.

Damals, es mögen die 80er Jahre gewesen sein, gab es in meiner Erinnerung eine Phase, in der man Müll ziemlich verteufelt­e. Burger-verpackung­en – ein Graus. Wurstpapie­rchen – ersetzt durch Tupperdose­n. Coffee-to-go – ein Nogo. Dann löste sich die Strenge auf. Gefühlt würde ich sagen: Der Grüne Punkt und diverse Pfandsyste­me haben das Gewissen erleichter­t. Doch am Ende – Achtung, klingt nach Plattitüde – ist der beste Müll der, der erst gar nicht anfällt. Und wenn man auch noch so lange über das wenig prickelnde Wort Nachhaltig­keit Späße macht und darauf wartet, dass irgendjema­nd was dafür tut (man müsste mal): Am Ende hilft nur Machen. Dann ist Nachhaltig­keit plötzlich ein Becher mit britischer Flagge (trotz Brexit, war ein Geschenk!), aus dem der Kaffee wunderbar schmeckt. Man müsste es bloß mal nachen.

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