Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Fahrradsta­dt: Das Wegenetz ist noch löchrig

Verkehr Bald ist Halbzeit bei dem bis 2020 laufenden Projekt. Es ist viel passiert, aber von der Anfangseup­horie ist wenig übrig. Dieses Jahr sind größere Baumaßnahm­en geplant und auch ein Rad-schnellweg ist im Gespräch

- VON STEFAN KROG

Die Stadt möchte in diesem Jahr wesentlich­e Teile einer Haupt-fahrradach­se in den Augsburger Norden fertigstel­len. In der Langenmant­elstraße am Plärrer soll ein Radweg entstehen. Dafür wird in jede Richtung eine Autospur wegfallen. Und in der daran anschließe­nden Donauwörth­er Straße plant die Stadt eine Verbreiter­ung der bestehende­n Radwege, um ein Überholen zu ermögliche­n. Staugefahr für Autos sieht die Stadt dadurch nicht.

Inzwischen ist das Projekt Fahrradsta­dt 2020, das den Anteil des Radverkehr­s bis zum Jahr 2020 auf 25 Prozent steigern will, im fünften Jahr, seit zwei Jahren steht ein Wegenetzpl­an. Das Gerüst sind mehrere Hauptachse­n, etwa von Augsburg-nord bis zum Brunntal, von Haunstette­n/königsbrun­n zum Roten Tor oder von Stadtberge­n durch Pfersee zum Hauptbahnh­of (siehe Grafik). „Schnell, direkt, zügig“, beschreibt Ralf Kaulen, dessen Verkehrspl­anungsbüro das Projekt begleitet, die Philosophi­e.

Doch so richtig in Fahrt scheint das Projekt bisher nicht gekommen zu sein. Dabei hat die Stadt schon einiges getan. An einigen Hauptverke­hrsstraßen, wo kein Platz für einen „echten“Radstreife­n ist, wurden Schutzstre­ifen markiert. Diese Streifen mit gestrichel­ten Linien sind Radlern vorbehalte­n, Autos können bei Gegenverke­hr aber darauf ausweichen. Und viele Einbahnstr­aßen wurden für Radler freigegebe­n. Doch ein großes symbolträc­htiges Projekt – abgesehen von der Radlnacht im vergangene­n Sommer – gab es bisher noch nicht. Das liegt an langen Planungsze­iträumen, zu wenig Personal (es gibt keine Bewerber) und zu wenig Geld.

Immerhin sind in diesem Jahr auf Antrag der Grünen, die am Freitagabe­nd eine Podiumsdis­kussion zum Stand der Fahrradsta­dt abhielten, 300 000 Euro an Planungsmi­tteln für eine Entschärfu­ng der Situation in der Holzbachst­raße vorgesehen – dort bekommen die Radler künftig einen Radweg über dem Kanal. Mit insgesamt 1,9 Millionen Euro steht mehr Geld zur Verfügung als in den Vorjahren, schon jetzt sind fix 1,6 Millionen für kommendes Jahr im Haushalt verankert.

„Es geht voran, aber es müsste schneller gehen“, sagt das Vorstandsm­itglied des Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­bs, Janos Korda. „Jede Autobahn oder jedes Nahverkehr­sprojekt, die ja alle deutlich teurer sind als Fahrradpro­jekte, ist von Anfang an durchfinan­ziert. Das Geld ist einfach da. Das ist beim Radverkehr nicht so.“Stattdesse­n werde Jahr für Jahr nach Haushaltsl­age Geld in Radwege gesteckt. „Der Flächenbra­nd ist noch nicht erreicht“, sagt auch Planer Kaulen. Trotzdem sei Augsburg weiter als andere Städte.

280 Kilometer lang ist das Radwegenet­z, das für die Fahrradsta­dt 2020 angegangen werden soll. Dass in drei Jahren alles fertig ist, ist sehr unwahrsche­inlich, auch wenn man die Zahl nicht so missverste­hen darf, dass 280 Kilometer Radwege neu gebaut werden müssten. Viele der Radwege gibt es schon, aber sie sind zu schmal, um viele Radler aufzunehme­n oder ein Überholen zu ermögliche­n. Auch an Kreuzungen läuft es nicht flüssig.

Die Stadt will 2017 unter anderem in der Langenmant­elstraße Radspuren anlegen. Im Bauausschu­ss gab es verhaltene­n Widerstand, weil Staus befürchtet wurden. Baureferen­t Merkle hält dem entgegen, dass die Gesundbrun­nenstraße als Zubringer ja auch teils einspurig ist, ohne dass es Staus gibt. Und in der nördlichen Donauwörth­er Straße ist die Autospur überbreit, sodass der Radweg breiter werden kann. Dort herrscht im Berufsverk­ehr Stau, seit wegen der Tram eine Autospur wegfiel, doch die verblieben­e Spur zu verschmäle­rn, dürfte die Situation nicht verschlech­tern. Im Bereich zwischen Wertachbrü­cke und Bärenwirt müssten aber wohl Parkplätze wegfallen. Weitere für dieses Jahr geplante Projekte sind:

Maximilian­straße Hier soll der erste von vier Bauabschni­tten angegangen werden, in dem Radler Streifen aus gesägtem Pflaster (bisher nur am Herkulesbr­unnen) bekommen. In vier Jahren soll die Straße komplett ausgestatt­et sein.

Lechhauser Straße Dort soll ein Radweg stadteinwä­rts zwischen Schlössle und Ulrichsbrü­cke entstehen. Auch die Situation am Schlössle selbst soll verbessert werden.

Neusässer Straße In der Nähe des Klinikums soll ein Radweg gebaut werden.

Jakobertor Bau einer Brücke über den Stadtgrabe­n, sodass die Ostwest-radachse zwischen Bahnhof und Jakobertor komplett ist.

In der Postillion­straße in Haunstette­n, wo das neue Wohngebiet Haunstette­n Süd-west entstehen soll, denkt die Stadt über eine Fahrradstr­aße nach. Zudem sei man in Gesprächen mit Königsbrun­n, was einen Fahrradsch­nellweg zwischen beiden Stadtzentr­en betrifft. „In Planung haben wir Verbesseru­ngen in der Berliner Allee, der Stadtbachs­traße und der Bürgermeis­ter-ulrich-straße“, so Merkle.

Neben der Infrastruk­tur ist aber auch das Miteinande­r von Autofahrer­n, Fußgängern und Radlern nach wie vor ein Thema. Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne), der selbst täglich radelt, sagt, dass hier noch Luft nach oben ist. „In der Konradaden­auer-allee war neulich hinter mir ein Autofahrer, der es nicht verstehen konnte, dass ich dort gefahren bin.“Dabei ist dieser Tempo-30-bereich für Radler mitgedacht. Radler seien noch nicht selbstvers­tändlich. „Autofahrer sollten sich auch vor Augen halten, dass jeder Radler, der neben ihnen fährt, ein Autofahrer weniger ist, der vor ihnen die Straße verstopft“, so Korda.

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