Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Eine Maßnahme über 30 Euro
Hartnäckig hält sich das Gerücht, Theater- und speziell Opernbesuche seien teuer und exklusiv. Dabei gab es in Augsburg, gibt es in München, in Wien, in vielen Theatern ausreichend Plätze, die billiger sind als jede Kinokarte. Um die zehn Euro reichen oft für ein unmittelbares Live-erlebnis mit zum Teil namhaften Künstlern, die – im Gegensatz zum Kino – auf die Zehntelsekunde genau lebende Höchstleistung bieten. Der Wermutstropfen: Man muss dafür einen Abend durchstehen. Die billigen – besser: kostengünstigen – Plätze sind Stehplätze.
Stehplätze werden jetzt auch angeboten, wenn das Augsburger Brecht-festival mit dem Lehrstück „Die Maßnahme“ins Apparatehaus und ins Kühlergebäude des alten Gaswerkgeländes Oberhausen einzieht. Das will das Programmheft aber offenbar so deutlich nicht schreiben. Dort ist verbrämt zu lesen: Tickets 30 Euro (ermäßigt 25 Euro), Aufpreis Sitzplatz fünf Euro. Das heißt im Klartext: Normalsitzplatz 35 Euro, Normal-stehplatz 30 Euro. Holla, ruft da der Theatergänger aus – auch der, der weiß, dass Bühnenspiel eine oft aufwendige Geschichte ist. Und im Hinterkopf will sich dann doch der Gedanke einschleichen, Theater sei teuer und exklusiv. 30 Euro für einen Stehplatz! Für die Premiere mag das – unter Bauchschmerzen – noch angehen, aber dann auch für die Folgevorstellungen?
Sagen wir mal so: Wenn 30 Euro für einen Stehplatz berechtigt sind, muss das schon sehr, sehr gut sein, was geboten wird. Der Eintrittskartenpreis kann die Erwartungshaltungen des Publikums schon immens steigern…
*** „Intermezzo“ist unsere Kulturkolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.