Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wo Frauen Hilfe finden
Soziales Der Treffpunkt Lea in Oberhausen liegt versteckt, ist für die Besucherinnen aber zu einer wichtigen Adresse geworden. Hier gibt es mehr als nur eine warme Mahlzeit, saubere Kleider und eine Dusche
Die Räume in der Nähe der Oberhauser Wertachbrücke bei der Kirche St. Joseph sind nicht leicht zu finden. Doch wer es einmal in die Neuhoferstraße 1 geschafft hat, kommt meist immer wieder: Ordensschwester Elisabeth Mack hat hier eine Begegnungsmöglichkeit geschaffen für Frauen in Not, mit wenigen Kontakten und teilweise auch ohne festen Wohnsitz.
Als Verantwortliche für die Straßenseelsorge in der Pfarreiengemeinschaft Oberhausen/bärenkeller hat die Franziskanerinnen schon vor Jahren festgestellt, dass Frauen in dieser Situation einen besonderen Schutzraum brauchen. Sie rief deshalb einen Treffpunkt ins Leben, der nach zwei Übergangsquartieren nun einen festen Ort in einem Haus der Diözese gefunden hat. Hier bekommen die Besucherinnen Frühstück und ein warmes Mittagessen – zubereitet von Ehrenamtlichen. Der Speiseplan orientiert sich meist am Angebot der Augsburger Tafel.
Sina hat zwar eine eigene Wohnung, doch sie hält sich mindestens drei Mal die Woche in den mit Secondhand-möbeln ausgestatteten Räumen auf. „Ich bin alleinstehend ohne Mann, Kind und Haustier“, sagt sie, während sie einen Obstsalat löffelt. Die Gespräche an dem großen Tisch tun der Frau mittleren Alters sichtlich gut, denn mit der Einsamkeit kommt sie nicht gut klar. „Ohne Struktur und Ansprache geht der Mensch zugrunde.“
Schwester Elisabeth ist es aber nicht nur wichtig, den Klientinnen an maximal vier Stunden pro Werktag durch Gespräche und Mahlzeiten Struktur zu geben. Seit einiger Zeit wird die Seelsorgerin an zwei Tagen von Caritas-mitarbeiterin Bettina Reckerth unterstützt. „Es fällt sehr viel Sozialarbeit an, die ich allein nicht hätte leisten können.“
Denn die Biografien der Besucherinnen unterschiedlicher Nationali- weisen viele Ecken und Kanten auf – seien es Schulden, psychische Krankheiten, Gewalterfahrungen oder Gefängnisaufenthalte. Reckert macht sich mit den Frauen an die Problemlösung, aber nicht im Hauruck-verfahren. Ganz wichtig sei es, erst einmal zuzuhören und Vertrauen aufzubauen. Und zwar nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe. Dazu zählt, dass sich alle duzen. Auch die Frau, die an diesem Mittag vorbeikommt, stellt sich gleich mit ihrem Vornamen vor. Was sie nicht am runden Tisch sagt, hat Schwester Elisabeth beim ersten Besuch am Tag zuvor unter vier Au- gen erfahren: Die Frau hat keinen festen Wohnsitz, sondern übernachtet im Freien. „Die Bahnhofsmission hat sie zu uns geschickt.“Die Möglichkeit, sich zu duschen und ihre Wäsche zu waschen, nimmt die Obdachlose dankbar an. Freilich wäre es unser oberstes Ziel, sie von der Straße wegzubringen, sagt Schwester Elisabeth. Doch so etwas gehe nicht von heute auf morgen, auch wenn der Treffpunkt gut mit Hilfs-und Beratungsorganisationen sowie Unterkünften vernetzt sei.
Der Blick der Franziskanerin schweift zu der bunten Collage an der Wand, die von den Besucherintät nen selbst gefertigt wurde: „Damit haben wir Lea Ackermann kürzlich zum 80. Geburtstag gratuliert.“Die Ordensfrau und Begründerin der Frauenhilfsorganisation Solwodi gab vor einigen Jahren ihr Einverständnis, den Treffpunkt nach ihr zu benennen. „Vielleicht kommt sie einmal zu uns“, wünscht sich Stammgast Sina. Nicht nur auf der Collage und einigen anderen Kunstwerken könnte Ackermann dann entdecken, welche Talente in dem Frauentreffpunkt Lea geweckt werden. Auch in dem kleinen Garten legen die Besucherinnen gerne Hand an. So ist es der Frau ohne festen Wohnsitz zu verdanken, dass in den nächsten Wochen die Frühlingsblumen besonders gut zur Geltung kommen. Sie kommt zur Freude von Elisabeth Mack und Bettina Reckerth jetzt regelmäßig vorbei.
Geöffnet ist der Frauentreffpunkt montags bis freitags von 10 bis 14 Uhr. Für die Besucherinnen fallen keine Kosten an. Das Angebot wird von der Diözese und der Caritas finanziert. Wer Lea darü ber hinaus unterstützen möchte oder nähere Auskünfte wünscht, kann sich an Bettina Reckerth unter Telefon 0821/57048 38 oder Elisabeth Mack un ter 0821/41902512 wenden.