Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Rutte schlägt Wilders
Niederlande Tv-duell vor der morgigen Wahl
Rotterdam Mark Rutte ist der Ärger der zurückliegenden 72 Stunden nicht anzusehen. Der niederländische Premierminister wirkt an diesem Montagabend sogar gestärkt, als er am Abend im Fernsehen auf den Mann trifft, der ihm bei den morgigen Wahlen gefährlich werden könnte: Geert Wilders, Chef der Freiheitspartei PVV.
„Ja“, sagt Rutte fast stolz, als er vom Moderator gefragt wird, ob er nach dem Rauswurf der beiden türkischen Minister am Wochenende zufrieden sei. Der Premier weiß, er hat einen Trumpf gegen den Rechtspopulisten in der Hand, weil er es war, der die öffentlichen Auftritte der Regierungsvertreter aus Ankara unterbunden hat. Wilders bemüht sich, die Fäden der Debatte wieder in die Hand zu bekommen: „Ich bin es doch gewesen, der die Regierung jahrelang vor sich hergetrieben hat.“
Letzte Umfragen zeigen, wie knapp die morgige Wahl ausgehen könnte: Ruttes rechtsliberale Regierungspartei VVD käme auf 24 Sitze in der 150 Mandate umfassenden Parlamentskammer. Wilders liegt gleichauf. Aber im Gegensatz zu Rutte hat der Islamgegner kaum Verbündete. Seine Chancen, Rutte zu beerben, sind gleich null. Längst hat der amtierende Regierungschef aus der Wahl eine Richtungsentscheidung gemacht.
Rutte weiß, dass der Urnengang ein wichtiger Stimmungstest für Europa ist. Ein deutlicher Stimmengewinn für Wilders könnte den französischen Rechten Auftrieb geben, möglicherweise auch der AFD in Deutschland. Und so macht sich der Premier, der selbstsicher wie selten wirkt, daran, seinen Herausforderer Punkt für Punkt zu zerpflücken.
Eine Überraschung gibt es erst beim Thema Islam. Plötzlich gibt sich der sonst so polemische Wilders handzahm: „Ich habe nichts gegen den Islam, wohl aber gegen die Islamisierung.“Dann weicht er Schritt für Schritt von Positionen zurück, die er bisher vertreten hat. Rutte ist erstaunt. Auch das Publikum raunt.
Es ist die letzte Frage, deren Antwort für die Zukunft der Niederlande entscheidend sein könnte: Bleibt Rutte dabei, dass er unter keinen Umständen mit den Rechtspopulisten eine Regierung bildet? Rutte schweigt kurz, blickt seinem Kontrahenten in die Augen und sagt dann unmissverständlich: „Nie. Nein. Nie. Mit so einer Partei kann man nicht zusammenarbeiten.“