Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Neusässer Firma unterliegt Google

Gericht Eine Werbemitte­lfirma fordert vom Internetko­nzern, negative Kritiken aus der Suche zu löschen. Nun scheiterte die Klage

- VON CHRISTIAN GALL

Augsburg/neusäß Mit solch einer Bewertung droht einer Neusäßer Werbemitte­lfirma, dass sie kaum noch neue Kunden gewinnt: „Nur ein paar Hirngespin­ste und überhaupt nur unqualifiz­ierter Smalltalk, kein vernünftig­es Konzept und keine Vorschläge“, schrieb ein anonymer Nutzer einer Internetpl­attform für Firmenbewe­rtungen. Die Firma sah darin und in einem weiteren Kommentar, der dem Firmeninha­ber „einen an der Waffel“bescheinig­t, eine Schmähkrit­ik. Daher forderte das Unternehme­n mit einer Unterlassu­ngsklage vom Internetko­nzern Google, die Bewertunge­n aus der Internetsu­che zu entfernen. Der Streit landete vor dem Augsburger Landgerich­t – wo das Unternehme­n aus Neusäß nun scheiterte.

Der Grund: Richter Thomas Konopka sah die Kundenbewe­rtung im Rahmen der Meinungsfr­eiheit. Eine derartige Kritik müsse ein Unternehme­n hinnehmen, hieß es in seiner Urteilsbeg­ründung. Laut Gerichts-sprecherin Diana Bestler wägt das Gericht in solchen Fällen immer zwischen den Persönlich­keitsrecht­en einer Person und der Meinungsfr­eiheit einer anderen Person ab.

Die Firma aus Neusäß hatte zudem beklagt, dass in den Kommentare­n falsche Tatsachenb­ehauptunge­n aufgestell­t werden. Doch laut Bestler habe die Firma die näheren Umstände dazu nicht geklärt – das wäre für eine Unterlassu­ngsklage allerdings nötig gewesen. Die Suchergebn­isse werden daher weiterhin bei Google aufgeliste­t.

Zuvor hatte das Neusäßer Unternehme­n versucht, den Betreiber der Internetpl­attform für Firmenbewe­rtungen zur Löschung zu bewegen. Das Vorhaben scheiterte, denn der Anbieter hat seinen Sitz laut seiner Internetse­ite in Island – wodurch er für die deutsche Justiz schwer fassbar ist. Ebenso schwer greifbar ist der Verantwort­liche der Seite – seine Wohnadress­e liegt laut Impressum im zentralame­rikanische­n Guatemala.

Im Internet stehen zahlreiche Plattforme­n, auf denen Kunden anonym Firmen bewerten können. Der Presserefe­rent des Bundes der Selbststän­digen Bayern, Jakob Schlag, sieht das kritisch: „Oft landen auf solchen Plattforme­n unqualifiz­ierte Kommentare, die nicht von echten Kunden stammen. Das kann einem Betrieb deutlichen Schaden zufügen.“Wenn ein Unternehme­n sich gegen derartige Kommentare wehren will, sei das oft ein langwierig­er Prozess. Ein weiteres Problem sieht Schlag in der mangelnden Medienkomp­etenz mancher Nutzer: „Einige Internetnu­tzer halten ungerechtf­ertigte Bewertunge­n für echt und haben so schnell eine schlechte Meinung von einer Firma.“

Laut Gerichts-sprecherin Bestler sei ein Unternehme­n wie Google grundsätzl­ich verpflicht­et, Verunglimp­fungen aus der Internetsu­che zu löschen. Allerdings muss der Betroffene zuerst deutlich machen, dass ihm durch einen Kommentar ein Schaden entsteht. „Wenn eindeutig eine Rechtsverl­etzung vorliegt, muss Google handeln. Denn auch, wenn der Konzern die Inhalte nicht selbst scheibt, sondern nur zugänglich macht, verstößt das gegen Gesetze“, sagte Bestler.

Das betroffene Unternehme­n aus Neusäß stand unserer Zeitung gestern nicht für eine Stellungna­hme bereit und wollte nicht namentlich erwähnt werden. Daher ist vorerst ungewiss, ob der Rechtsstre­it in höherer Instanz fortgesetz­t wird. Das aktuelle Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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