Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Imageproblem macht dem Handwerk zu schaffen
Tag der Ausbildung Für viele Jugendliche ist ein praktischer Beruf nicht die erste Wahl. Werbung soll helfen
Region Die Ausbildungssituation für junge Menschen in Bayern ist derzeit so gut wie nie: Lediglich 3,2 Prozent der Jugendlichen sind ohne Arbeit. Mit aktuell 72 Auszubildenden hat die Firma SGL Carbon in Meitingen ebenfalls keine Probleme mit Nachwuchs an Fachkräften. Der Spezialist für Hochleistungswerkstoffe aus Carbon und Graphit war gestern am Bayerischen Tag der Ausbildung einer von mehreren Betrieben, bei denen Arbeitsstaatssekretär Johannes Hintersberger Station machte. Der Landtagspolitiker war auch bei der Bäckerei Balletshofer in Augsburg sowie bei Faurecia Emissions Control Technologies in Gersthofen. „Eine Ausbildung ist ein wichtiges Pfund für die persönliche und berufliche Entwicklung“, betonte der Csu-politiker. Das Spektrum von über 300 Ausbildungsberufen biete für jedes Talent eine Anlaufstelle – „egal, ob Frühoder Spätentwickler.“
Die duale Ausbildung sei eine wichtige Säule für den Wettbewerbsstandort Bayern. „Dank gilt auch den vielen Firmen: Denn ohne Betriebe gibt es auch keine Ausbildung. Es fließt viel Verantwortung und Leidenschaft in den Nachwuchs“, stellte Hintersberger fest.
Dass sich kleine und mittlere Unternehmen zunehmend bei der Suche nach Auszubildenden schwertun würden, betrachte er mit Sorge. „Hinzu kommt, dass das Handwerk oft unter einem Imageproblem leidet“, ergänzte Sgl-standortleiter Markus Partik. Ein Studium wirke für viele Jugendliche einfach attraktiver als eine Ausbildung. Oft fehle den Jugendlichen der Bezug zum Praktischen. Früher war dies oft in der Verwandtschaft durch eigenes Handwerk oder Bauernhöfe kein Problem, erläuterte Hintersberger. Ausbildungsleiter Uwe Moderer sieht Unterschiede zwischen Stadt und Land: „Wir haben den Vorteil, in eine ländliche Struktur eingebettet zu sein.“Die Meitinger Firma bildet aktuell 60 Auszubildende im gewerblichen sowie sechs im kaufmännischen Bereich aus. Hinzu kommen sechs duale Studenten. Angeboten wird unter anderem die Ausbildung zum Verfahrenstechniker. Lisa Heyda aus Allmannshofen und Noah Kretzer aus Ellgau absolvieren derzeit das zweite Ausbildungsjahr. Da diese Woche die Zwischenprüfungen anstehen, arbeiteten die beiden Verfahrenstechniker zur Vorbereitung an einem Werkstück aus Nasslaminat. „Das sind mehrere Lagen aus Kunststoff, die wir mit Harz miteinander verbinden. Daraus wird ein Longboard“,
erklärte die 18-jährige Heyda. Beide fanden den Weg in die Ausbildung durch ein Praktikum. Ausbilder Robert Steinbeiß betonte, wie wichtig es sei, die Fachkräfte von morgen auf das tatsächliche Arbeiten im Betrieb vorzubereiten: „Ich erkläre vieles anhand von Fallbeispielen aus meinem 30-jährigen Repertoire. Der Fokus liegt schließlich auf der Umsetzung draußen im Betrieb.“
Genau das Praktische sei es, was den Reiz des Berufes für den 18-jährigen angehenden Industriemechaniker Niklas Halmagyi ausmache: „Schon vor der Ausbildung wusste ich, dass ich in die Richtung gehen möchte. Mein Opa war Schreiner, mein Vater auf dem Bau. Das Handwerkliche liegt bei uns in der Familie.“»Kommentar