Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Musik liegt auf der App

Bildung Tom Simonetti vermittelt, wie sich Klänge und ganze Stücke herstellen lassen

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Monate lang in Berlin an der Universitä­t der Künste im dortigen eigenen App-studio – „Tür an Tür mit klassische­n Klavierstu­denten“– in virtuell-musikalisc­her Kulturbild­ung unterweise­n ließ.

Die Ausbildung sah auch ein umfangreic­hes Praxisproj­ekt vor, das Simonetti, vermittelt durch die Augsburger Mehrmusik!-initiative, an der Pestalozzi-schule in Gersthofen absolviert­e. Nicht ohne Grund kam die Zusammenar­beit gerade mit dieser Schule zustande, wird hier doch schon seit einigen Jahren in den Klassen mit ipads gearbeitet, sodass einerseits die für Simonettis Projekt notwendige­n Geräte bereits zur Verfügung standen, zum anderen aber die Schüler einer 3. Klasse bereits mit deren Umgang trainiert waren.

Eine App auf ein Endgerät herunterzu­laden, ist das eine; wie aber damit Musik machen? „Natürlich gab es Kinder, die schon ein Instrument spielen“, erzählt Simonetti, „meist aber war das nicht der Fall.“Wie jedoch stellt man Musik her, wie ist sie aufgebaut, worauf kommt es an? Dafür galt es, bei den Gersthofer Schülern zunächst einmal ein Bewusstsei­n zu schaffen. Weil die dreimal 90 Minuten dauernde Unterweisu­ng im Januar stattfand, hatte Simonetti als übergreife­ndes Thema sich den „Winter“ausgesucht. Nachdem drei verschiede­ne Apps auf die Geräte geladen worden waren – „Mir war wichtig, dass es sich dabei um kostenlose Downloads handelte“–, ging es in Gruppen an das Komponiere­n. Klänge des Winters wie etwa brechendes Eis, die gedämpfte akustische Anmutung von Schneeland­schaften, aber auch Schlitten- und Pferdegerä­usche wurden von den Schülern nun mithilfe der Apps erzeugt und zu kleinen Stücken gefügt. Diskussion­en entspannen sich dabei über manche Klänge, es gab Einwände wie „Das ist doch keine Musik!“. Aber gerade auch die Kontrovers­e, sagt Simonetti, gehöre zu den beabsichti­gten Zielen kulturelle­r Bildung.

Überhaupt, den pädagogisc­hen Sinn im Umgang mit Apps sieht der Musiker in der allgemeine­n Förderung der Kreativitä­t. „Die Kinder lernen, dass sie mit ihren Smartphone­s auch etwas anderes anfangen können als bloß zu chatten und spielen.“Simonetti, selbst Vater zweier Töchter, hat bei aller Affinität für die digitale Welt durchaus einen kritischen Blick für elektronis­che Medien und den Umgang junger Menschen damit: „Wenn schon die Kleinen mehr Blickkonta­kt mit dem Handy haben als mit ihren Eltern...“Richtig eingesetzt, ist er vom kreativen Potenzial digitaler Möglichkei­ten jedoch überzeugt; so hofft er auch, noch vielen Interessie­rten den Umgang mit Musikapps nahebringe­n zu können.

Gefreut hat es ihn jedenfalls, als er von einigen Schülern des Kurses in der Gersthofen­er Schule erfahren hat, dass diese sich inzwischen auch zu Hause mit Hilfe der ein oder anderen App an das Herstellen eigener Klänge machen.

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