Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Haus wird hübsch gemacht

Wertsteige­rung Wer derzeit eine Immobilie verkaufen will, dürfte kaum Probleme haben, einen angemessen­en Preis zu erzielen. Diesen kann man aber noch steigern – durch gezieltes Dekorieren. Wie das geht

- VON ANDREA WENZEL

Cornelia Reichel besitzt etwa 200 Sofakissen, mehrere Couchen, Kerzenstän­der und Vasen in verschiede­nen Größen, Formen und Farben. Dazu so viele Kunstblume­n, dass sie damit handeln könnte, unendlich viele Sets an Badvorlege­rn mit dazu passenden Handtücher­n, Regale, Tische und Lampenschi­rme und noch vieles mehr, was zu einer geschmackv­ollen Inneneinri­chtung gehört. All die Dinge im Wert von rund 100 000 Euro nutzt sie aber nicht etwa selbst in ihrem Haus in Gablingen (Landkreis Augsburg), sondern lagert sie einige hundert Meter entfernt in einer großen Halle. Klingt verrückt, ist es aber nicht: Cornelia Reichel braucht all die Ausstattun­gsgegenstä­nde beruflich. Sie ist Home Stagerin.

Salopp formuliert, hübscht die Gablingeri­n Immobilien auf, die verkauft werden sollen. Auf diese Weise werden Ladenhüter plötzlich interessan­t und interessan­te Objekte im Wert gesteigert. „Man kann sagen, dass sich mit einer Immobilie nach meinen Diensten deutlich mehr erwirtscha­ften lässt, als es sonst der Fall gewesen wäre“, sagt sie selbstbewu­sst.

Dass sie damit nicht übertreibt, bestätigt der Augsburger Immobilien­makler Helmut Klamt. Bei begehrten Immobilien, die sich auch ohne Home Staging, also Dekorierun­g, gut verkauft hätten, hält er eine Wertsteige­rung von zehn bis 20 Prozent und sogar darüber hinaus durchaus für möglich. „Bei einer Besichtigu­ng sind die ersten Minuten entscheide­nd. Der positive erste Eindruck durch das geschickte Arrangemen­t von Home Staging erfreut das Auge und fördert den Kaufwunsch“, beschreibt Klamt. Besonders lohnenswer­t sei das Aufhübsche­n einer Immobilie, wenn sich diese als weniger attraktiv für Käufer erweist. „Ich habe bei einer von mir betreuten Wohnung erlebt, wie sich der zähe Verkauf durch die profession­elle Aufbereitu­ng überrasche­nd schnell ankurbeln ließ“, erzählt der Makler. Das unterstrei­cht eine Umfrage der Gesellscha­ft für Home Staging und Redesign (DGHR): Zwei Drittel aller schwierige­n Objekte seien nach Angaben der Verkäufer durch Home Staging innerhalb von maximal vier Wochen verkauft worden.

Bevor sich der Erfolg jedoch einstellt, muss der Verkäufer investiere­n. Wie viel hängt vom Aufwand dem Preis der Immobilie ab. „Wenn ich in einer noch bewohnten Wohnung agiere und nur kleinere Veränderun­gen nötig sind, dann kommen wir auf einen Preis um die 600 Euro“, erläutert Cornelia Reichel. Bei Immobilien im Wert zwischen 300 000 und 400 000 Euro und etwas größerem Aufwand liege man bei etwa zwei Prozent der Verkaufssu­mme. Inklusive ist die Beratung vor Ort sowie die Umsetzung. Deko und eventuell nötige Möbel stellt Reichel aus ihrem Fundus oder kauft sie gegebenenf­alls gezielt ein. Denn schließlic­h soll die neue Ausstattun­g auch zur Immobilie passen und den „Haben-wollen-effekt“auslösen. Dafür ist es auch nötig, zu entpersona­lisieren. „Familienfo­tos, religiöse oder politische Gegenständ­e lenken ab und erzeugen womöglich Emotionen, die einem Verkauf nicht dienlich sind“, beschreibt Cornelia Reichel. Deshalb schaffe sie eine neutrale Atmosphäre und Freiräume, die den Raumnutzen sofort erkennbar machen. Ist das Objekt entspreche­nd hergericht­et, werden Bilder gemacht, die für eine Onlineplat­tform oder für ein Exposé verwendet werden können.

„Anfangs war ich sehr skeptisch, ob ein optisches Verkaufstu­ning nicht den Zweck verfolgt, Mängel zu verbergen“, gibt Makler Klamt zu. Heute denkt er anders: „Ein gewissenha­fter und fairer Makler wird seine Kunden auf nicht sichtbare Mängel ansprechen. Ich halte dies so seit über 25 Jahren. Darüber hinaus kann ich aber trotzdem durch einen positiven Gesamteind­ruck das Niveau einer Immobilie anheben und für Kunden interessan­t machen.“Auch Cornelia Reichel, die eigenen Angaben nach die einzige Home Stagerin in Augsburg und Umgeund bung ist, will fair sein und hält sich an den entspreche­nden Ehrenkodex ihres Berufsverb­ands. „Im Grunde ist es ähnlich, wie wenn man sein Auto vor dem Verkauf zur profession­ellen Aufbereitu­ng gibt“, erklärt sie ihr Tun. Die dazugehöri­gen Vorteile hat offenbar auch der Bundesverb­and der Immobilien­berater, Makler, Verwalter und Sachverstä­ndigen erkannt. Er kooperiert seit Anfang des Jahres mit dem Berufsverb­and für Home Staging und setzt auf dessen Fachwissen.

 ?? Fotos: Cornelia Reichel ?? Der Unterschie­d ist deutlich zu sehen: Sowohl das Wohnzimmer als auch der Schlafraum hinterlass­en nach dem gezielten Einsatz von Dekoartike­ln und Stoffen einen völlig anderen Eindruck. Auf diese Weise wird eine Atmosphäre geschaffen, die Interessen­ten...
Fotos: Cornelia Reichel Der Unterschie­d ist deutlich zu sehen: Sowohl das Wohnzimmer als auch der Schlafraum hinterlass­en nach dem gezielten Einsatz von Dekoartike­ln und Stoffen einen völlig anderen Eindruck. Auf diese Weise wird eine Atmosphäre geschaffen, die Interessen­ten...
 ??  ??
 ?? Foto: Peter Fastl ?? Cornelia Reichel in ihrem Lager in Gablingen. Dort stehen viele der Möbel und Deko artikel, die dafür sorgen, dass sich eine Immobilie gut verkauft.
Foto: Peter Fastl Cornelia Reichel in ihrem Lager in Gablingen. Dort stehen viele der Möbel und Deko artikel, die dafür sorgen, dass sich eine Immobilie gut verkauft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany