Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Bratsche singt wie die Bauern auf dem Feld

Vorschau Das 6. Sinfonieko­nzert der Philharmon­iker verfolgt die Spur von Folklore-traditione­n in der neueren Musik – bis tief in den Süden

- VON STEFAN DOSCH

Beim ersten Anlauf hatte Ruth Killius Pech. Als die Bratschist­in, in der laufenden Spielzeit Residenzkü­nstlerin der Augsburger Philharmon­iker, im Dezember William Waltons Bratschenk­onzert muszieren wollte, musste sie krankheits­bedingt absagen. Nun aber steht der zweite große solistisch­e Auftritt von Killius’ Residenzph­ase an (zu der auch zwei Kammerkonz­erte gehören): Die Aufführung von Luciano Berios „Voci“im 6. Sinfonieko­nzert der Philharmon­iker an diesem Montag und Dienstag in der Kongressha­lle.

Der Titel des Stücks – zu deutsch „Stimmen“– weist darauf, wo der Italiener Berio (1925-2003) für seine Kompositio­n Anleihen genommen hat: bei Gesängen, wie sie in der Folklore Siziliens zu finden sind. Inspiriert von dokumentar­ischen Tonaufnahm­en, entstanden die insgesamt etwa eine halbe Stunde dauernden „Voci“für Bratsche und Orchester, worin das Soloinstru­ment pausenlos gefordert ist. Die sizilianis­chen Volksgesän­ge sind dabei stets fasziniere­nd präsent. Nicht nur, dass die Bratsche immer wieder in den archaische­n Tonfall der Arbeits-, Liebes- und Wiegenlied­er verfällt, dass aus der solistisch­en Linie immer wieder kleine folklorist­ische Melodiefet­zen herausleuc­hten. Auch das Orchester, das sich über weite Strecken klanglich stark zurückhält, legt einen Klang- grund, der die Atmosphäre einer bäuerlich-hirtenhaft­en wie auch maritimen Liedkultur in moderner Tonsprache aufgreift. Ein gerade in dieser Verbindung von Ursprüngli­chkeit und Kunstwille­n fasziniere­ndes Stück zeitgenöss­ischer Musik.

„Folklore neu gehört“, so lautet überhaupt das Motto dieses Sinfonieko­nzerts. Und so wurzeln auch die beiden weiteren Werke des Programms in der Volkskultu­r. Das zündende „Concert Romanesc“von György Ligeti (1923-2006), eines der frühen Orchesterw­erke des ungarische­n Komponiste­n, ist inspiriert von den Rhythmen und Melodien der Musik Rumäniens. Mehr von literarisc­hen Volkstradi­tionen inspiriert ist dagegen Igor Strawinsky­s berühmtes Ballett „Der Feuervogel“, dessen Handlung auf russischen Märchen basiert. Im Konzert erklingt jedoch nicht die umfangreic­he Ballettmus­ik in der Urfassung von 1910, sondern die von Strawinsky selbst verkürzte Suite aus dem Jahr 1945.

Dirigent ist diesmal ein Gast: Peter Rundel. Der gebürtige Friedrichs­hafener ist ein internatio­nal gesuchter Spezialist für Aufführung­en zeitgenöss­ischer Musik – und damit ein idealer Partner für die Augsburger Philharmon­iker bei ihrem 6. Sinfonieko­nzert.

Termine Montag, 20., und Dienstag, 21., März jeweils um 20 Uhr in der Kongressha­lle. Einführung 19.10 Uhr.

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Fotos: H. Jordan/f. Schöllhorn Dirigent und Solistin: Peter Rundel, Ruth Killius.
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