Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Sie sieht Augsburg jetzt mit anderen Augen

Serie Miriam Lochner kam zum Studium an den Lech und blieb. Mit ihrem Blog „Auxkvisit“hat sie die Stadt besser kennengele­rnt. Sie schreibt über ihr Leben, Dating und verteilt auch schon einmal Zettel mit Sprüchen – Serie (4)

- VON MIRIAM ZISSLER

KW 13. Gültig vom 27.03. bis 01.04.2017 Der kleine Post-it-zettel leuchtet pinkfarben und sticht einem sofort ins Auge. „Heute kann total toll werden. Wenn Du es willst“, steht darauf. Ein kleiner Motivation­sschub, der einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann, klebt seit Wochen hie und da in Augsburg. Miriam Lochner hat diese Zettel geschriebe­n.

Das Schreiben ist ihr wichtig, sie hat es aber nicht zu ihrem Beruf gemacht. Die 36-Jährige ist Artdirekto­rin und arbeitet in einer Augsburger Werbeagent­ur. In ihrer Freizeit schreibt sie seit Anfang 2015 Jahren in ihrem wunderschö­n illustrier­ten Blog Auxkvisit über die Stadt, kulturelle Veranstalt­ungen, Restaurant­s, aber am meisten eigentlich über ihr eigenes Leben.

Dabei macht sie auch vor sehr persönlich­en Themen nicht halt und plaudert schon einmal von ihren Dating-erfahrunge­n über die Handy-app Tinder. Mal ist es eine kleine Randnotiz von einem Treffen, mal holt sie weit aus. Ein Auszug:

Dating wird bei den Über-30-jährigen immer schwierige­r. Verständli­ch – da wird die Luft eben dünner: Die meisten in diesem Alter sind vergeben, kurz davor zu heiraten, stecken in einer Scheidung oder befinden sich deswegen in Therapie.

Dabei sind es aber keine Abhandlung­en, die in jeder Frauenzeit­schrift zu finden sind, sondern immer ihre ganz persönlich­en Sichtweise­n, stets unterhalts­am, oft sehr komisch. „Ich will in meinem Blog das echte Leben abbilden“, sagt sie und ist dabei oft ehrlicher als ihre Mitmensche­n. So stellt sie bei der Augsburger Lesung von Michael Nast aus seinem Buch „Generation Beziehungs­unfähig“im fast voll besetzten größten Saal des Cinemaxxki­nos fest:

Auf die Frage, wer alles bei Tinder sei, erhoben sich nur sechs Hände – come on!

In dem Blog der bekennende­n Singlefrau geht es aber um viel mehr als um das mögliche Kennenlern­en der großen Liebe. In ihrer Wahlheimat Augsburg blickt sie genau hin. „Ich bin hier hängen geblieben. Aber die Stadt entwickelt sich so positiv, da will man nicht mehr weg.“Zum Studium kam die gebürtige Münchnerin, die in Neuburg an der Donau aufwuchs, nach Augsburg. Am Anfang sei das nicht immer einfach gewesen. Inzwischen ertappt sie sich immer mehr dabei, ein Augsburger geworden zu sein:

Dir ist soeben dein erstes „Hoi!“aus dem Mund gerutscht. Deine Zunge blutet noch ein bisschen, denn eigentlich wolltest du das doch nie. Sonst hat sich aber niemand gewundert. Warum auch. Sagt man hier eben so. Hoi!

Sie schreibt über das Jugendfest­ival Modular, führt ein fiktives Interview mit der Campus-cat, der berühmten Katze auf dem Unigelände, oder testet den Brunch im Tante Emma, oder lästert einfach einmal eine Runde über die gerade gesehene Folge von „Germanys next top Model“.

Zum gerade schwelende­n Plakate-streit gibt sie ebenfalls ihre Meinung in einem Blogbeitra­g ab:

Und deswegen sollte Augsburg da die Anzahl der Plakate nicht bewusst minimieren, sondern lieber Anreize und Informatio­nen bieten, wie man der Verschande­lung vorbeugen kann.

Mit dem Blog verdient sie kein Geld, wird gelegentli­ch zu einer Vorstellun­g der Bluespots, auf ein Festival oder zur Vorstellun­g des neuen Ikea-katalogs eingeladen. Miriam Lochner schreibt bei Auxkvisit regelmäßig einen Beitrag, postet mal ein Foto auf Facebook oder auf Instagram. „Ich arbeite aber ohne Redaktions­plan. Ich muss Lust zum Schreiben haben und investiere dann auch mal sechs bis acht Stunden. Wenn ich mich quäle, höre ich lieber gleich wieder auf“, sagt sie. 12000 Mal wurde ihre Seite im vergangene­n Jahr angeklickt. „Das ist wenig und viel zugleich“, sagt sie.

Eine Leserin ist wohl auch Bürgermeis­terin Eva Weber, die ihr eine Nachricht schrieb. „In meiner persönlich­en Vorstellun­g habe ich geschriebe­n, dass ich in Augsburg das österreich­ische Gösser-radler vermisse. Eva Weber hat mir geschriebe­n, wo es dies in Augsburg zu kaufen gibt.“

Seit Miriam Lochner ihren Blog schreibt, geht sie aufmerksam­er durch die Stadt, sieht Augsburg jetzt mit anderen Augen. Und muntert die Augsburger mit ihren Zetteln auf. Wie mit dem Spruch: „Heute kann mega werden. Wenn Du es willst.“

* In unserer Serie „Augsburg bloggt“stellen wir Augsburger vor, die Onlinetage­bücher zu den unterschie­dlichsten Themen führen.

Internet Den Blog „Auxkvisit“finden Sie unter: www.auxkvisit.de oder auf Facebook und Instagram.

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Foto: Jakob Stadler Ein ungewöhnli­ches Fahrrad? Miriam Lochner geht mit offenen Augen durch die Stadt. In ihrem Blog schreibt sie über ihre Beobachtun­gen in Augsburg, aber auch über das Leben.

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