Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Dann macht sie sich ’nen Schlitz ins Kleid Porträt
Ingrid Steeger war die beliebte Ulknudel, die Sex ins Fernsehen der 70er Jahre brachte. Warum sie trotzdem ein armes Hascherl blieb
Irgendwann wird die Fernsehkarriere zur Illusion eines luftigen Soufflés, zumal wenn die Gegenwart eher Trockenbrot bedeutet. Ingrid Steeger ist das passiert. In den 70er Jahren saßen viele Männer schon allein deshalb vor dem Bildschirm, weil sie in „Klimbim“sicher sein konnten, dass die Steeger irgendwann blankzieht und ihre Brüste zur Schau stellt.
Was die „Klimbim“-familie damals anstellte, war mit dem Mut zum Experiment ein Ereignis. Dass es so was in der Flut von Schnulzenfilmen, Dokus und Talkshows heute nicht mehr gibt, sagt viel über den kreativen Zustand der Tv-anstalten aus. Mittendrin war die gebürtige Berlinerin Ingrid Steeger als bezopfte „Horror-gaby“.
Noch sind wir beim Soufflé. Ein Klassiker ist längst der Song, in dem sie deutlich macht, was sexuelle Anziehungskraft und damit verbundenes weibliches Selbstbewusstsein gemeinsam haben: „Dann mach ich mir ’nen Schlitz ins Kleid und find’ es wunderbar.“Dazu eine Schnute und eine Intonation, die an Marilyn Monroe erinnerte.
Ingrid Steeger, die heute 70 wird, hätte ein Star in Comedy-filmen werden können, wenn ein guter Kinoregisseur ihr Potenzial erkannt hätte. Aber die frühen 70er Jahre waren die Zeit von Sexfilmen. Die gelernte Stenotypistin Steeger lief mit im Chor der Ausziehmädchen. „Schulmädchenund Hausfrauenreport“inklusive.
Der Ruf der Sexblondine (hier ist er leider angebracht) hat sie zu „Klimbim“gebracht. Auch in der Serie „Zwei himmlische Töchter“blieb sie dem Klischee treu. Als strippende Flugbegleiterin gelang es ihr sogar, einen störrischen, schnaubenden Stier ins Flugzeug zu befördern. Aber für das Glück im Leben stand der naiven Ingrid Steeger die Männerwelt im Weg. Erst spät wachte sie auf, als sie ihr Leben niederschrieb. Bei Männern irgendwie immer ins Klo gegriffen zu haben, das setzt einer Frau zu. Zumal sie in der eigenen Familie, wie sie sagt, auch Opfer sexuellen Missbrauchs wurde. Zu „Klimbim“-zeiten hatte sie es mit dem genialen Show-regisseur Michael Pfleghar, dessen Satz „Dein Busen gehört ,Klimbim‘ und mir“ für Aufsehen sorgte.
Dass sie als Zweitfrau von Regisseur Dieter Wedel keine traute Zukunft haben könnte, hätte Ingrid Steeger klar sein können. Die Ehe mit dem amerikanischen Umweltschützer Tom Lablanc funktionierte auch nicht.
Schlagzeilen machte sie, als bekannt wurde, dass sie auf Hartz IV ist. Abteilung Trockenbrot. Was sie zuvor verdient hatte, haben ihre Männer auf den Kopf gehauen. „Die haben mich immer ausgenutzt und ausgenommen“, sagte sie unlängst.
Diese Zeiten sind vorbei, sie spielt nun Boulevardtheater, lebt in einer kleinen Münchner Wohnung. Nach all den verdrehten Männergeschichten hat die Steeger ihr Leben selbst in die Hand genommen. Doch Abendkleider mit Schlitz, das verraten wir jetzt, hat sie nie gemocht.