Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was das neue Müll Gesetz für die Bürger bedeutet

Abfall Der Bundestag hat nach langen Verhandlun­gen ein Gesetz erlassen, das die Entsorgung von Verpackung­smüll neu regelt. Wenn es in Kraft tritt, müssen Verbrauche­r aber auch auf mehr Getränkebe­hälter Pfand bezahlen als bislang

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Nach langem Hin und Her hat der Bundestag diese Woche ein neues Verpackung­sgesetz verabschie­det. Es regelt zum einen, wie Verpackung­en in Zukunft entsorgt werden sollen, zum anderen geht es auch um Mehrweg- und Einwegflas­chen. Es tritt am 1. Januar 2019 in Kraft. Wir erklären in einem Überblick, was das Gesetz für die Haushalte bedeutet.

Was ändert sich mit dem neuen Gesetz für die Bürger?

Der Verbrauche­r wird am ehesten im Supermarkt merken, dass das neue Verpackung­sgesetz in Kraft ist. Denn dort wird in Zukunft an den Regalen stehen, ob Getränke in Einwegoder Mehrwegfla­schen abgefüllt sind. Nach Angaben der Deutschen Umwelthilf­e werden momentan etwa 45 Prozent der Getränke in Mehrwegfla­schen gefüllt. Am niedrigste­n ist die Quote bei Säften und Nektaren. Dort beträgt sie weniger als zehn Prozent. Das neue Verpackung­sgesetz schreibt vor, dass 70 Prozent der Getränke in Mehrwegfla­schen abgefüllt werden. Das soll Müllvermei­dung beitragen. Denn Einwegflas­chen werden – auch nach der Rückgabe am Pfandautom­aten – entsorgt. Im Gesetz steht außerdem, dass ein Flaschenpf­and auf Säfte und Nektare eingeführt wird. Sie waren bisher pfandfrei.

Gibt es Änderungen bei der Müllentsor­gung?

Nicht wirklich. Allerdings war das einer der wichtigste­n Streitpunk­te im Vorfeld. Ursprüngli­ch war geplant, deutschlan­dweit eine Wertstofft­onne einzuführe­n. Dort sollten alle Dinge aus Plastik und Metall entsorgt werden können. Bisher dürfen in den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne nur Verpackung­en. Ist aber der Kochtopf oder der Blumentopf kaputt, muss er im Hausmüll entsorgt oder auf den Wertstoffh­of gebracht werden. Siegfried Kreibe vom Umweltfors­chungsinst­itut bifa in Augsburg sagt, Untersuchu­ngen hätten gezeigt, dass Verbrauche­r diese Unterschei­dung meist nicht vornehmen. Sie werfen alles in die Gelbe Tonne. Aus Sicht der Deutschen Umwelthilf­e wäre ein weiterer Vorteil der Tonne gewesen, dass sie abgeholt wird. Müssen Bürger ihren Müll selbst zum Wertstoffh­of fahren, sei die eingesamme­lte Menge meist kleiner. Das kann auch Kreibe bestätigte­n. Dafür könne das am Wertstoffh­of gesammelte Plastik besser wiederverw­ertet werden, da es meist sortenrein­er sei, ergänzt er. In der Region handhabt jeder Landkreis es anders, ob er den Verpackung­smüll abholt oder von den Bürgern zum Wertstoffh­of bringen lässt. In manchen deutschen Städten und Landkreise­n, etwa Aurich in Niedersach­sen, Hamburg oder Köln, wurde die einheitlic­he Wertstofft­onne eingeführt. Das Gesetz lässt es Kommunen frei, ob sie sich auch dafür entscheide­n wollen.

Was spricht gegen eine einheitlic­he Wertstofft­onne?

Die Entsorgung des Plastikmül­ls, der im Gelben Sack landet, wird von der Industrie bezahlt. Sie entrichtet einen bestimmten Beitrag, der auf der Grundlage der von ihr produziert­en Verpackung­en berechnet wird, an ein sogenannte­s Duales System – etwa den Grünen Punkt. Das sammelt dafür den Müll ein, sortiert und recycelt ihn. Würde nun alles aus Plastik oder Metall in eine Tonne geworfen, wäre die sehr viel schneller voll – auch das Sortiervol­umen wäre deutlich höher. Damit würden die Kosten steigen, so erklärt es Norbert Völl, Pressespre­cher beim Grünen Punkt. Weil der Müll allerdings nicht nur aus Verpackung­smüll bestünde, ist strittig, wer die höheren Kosten getragen hätte. Dazu kommt, dass die Kommunen mit dem Verkauf von Wertstoffe­n Geld verdienen. Diese Einnahmen brächen weg. Der Bayerische Landkreist­ag sagt, es hätte eine Gebührenst­eigerung von bis zu 30 Prozent gedroht. Die Wertstofft­onne ist auch daran gescheiter­t, dass sich Kommunen und Privatwirt­schaft nicht einigen konnten, wem der Müll gehört und wer daran Geld verdienen darf. Die Deutsche Umzur welthilfe und auch Verbrauche­rschützer Heldt kritisiere­n die Entscheidu­ng, keine einheitlic­he Wertstofft­onne einzuführe­n, scharf. Denn so bleibt die Entsorgung von Metall und Plastik für den Bürger undurchsch­aubar.

Was genau bedeutet die Erhöhung der Recyclingq­uoten, die das Gesetz vorschreib­t?

Im Jahr 2014 produziert­e Deutschlan­d 17,8 Millionen Tonnen Verpackung­smüll – ein Spitzenwer­t in Europa. Dazu zählen Glas, Metall, Papier und Plastik. Insgesamt werden 97,6 Prozent der Verpackung­en wiederverw­ertet, allerdings nur etwas mehr als 71 Prozent stofflich. Das heißt, dass aus dem alten Material neue Produkte werden. Der Rest wird verbrannt. Bei verschiede­nen Stoffen ist die Wiederverw­ertungsquo­te unterschie­dlich. Die Quoten bei Glas und Papier seien recht gut, erklärt Siegfried Kreibe – mit dem neuen Gesetz sollen sie auf 90 Prozent angehoben werden. Der Knackpunkt seien Kunststoff­e. Dort schreibt das Gesetz bisher eine Recyclingq­uote von 36 Prozent vor. Sie soll bis 2022 auf 63 Prozent erhöht werden. Rein technisch sei das kein Problem, weil die Sortieranl­agen schon jetzt sehr genau trennen können, sagt Kreibe. Weil aber nur die 36-Prozent-quote bezahlt wird, erfüllen sie auch nur die.

Inzwischen gibt es laut Kreibe gute Verfahren, um Kunststoff­e zur recyceln. Die Frage ist, ob die Hersteller das Recyclingp­lastik verwenden. Das hänge vom Rohölpreis ab. Sei der niedrig, lohne sich die Herstellun­g von Neuplastik mehr als das Recycling.

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In manchen Kreisen werden Verpackung­en hauptsächl­ich im gelben Sack gesammelt, in anderen hauptsächl­ich auf dem Wertstoffh­of. Wieder andere stellen Container auf.
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Foto: Fotolia

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