Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schwierige Sache: Original und Ebenbild

- Randbemerk­ung VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger allgemeine.de »

Das Problem, dass man auf Urlaubsfot­os trotz aller guten Rahmenbedi­ngungen wie dem Strand, der Sonne und einer eigentlich doch recht guten Laune (weil Urlaub) eine eher bemitleide­nswerte Figur abgibt, ist unter Touristen so leidlich wie schmerzlic­h bekannt. Statt des erwarteten Adonis-abbildes ist das Foto beim Betrachten am Computer ein Bild des Jammers: Bedrohlich spannt der Bauch am T-shirt, der Mundwinkel hängt schief oder die Augenlider sind mal wieder geschlosse­n.

Umso erfreulich­er ist es für manche, wenn nicht nur Otto-normalfoto­model, sondern auch einer wie – sagen wir mal – Cristiano Ronaldo mit diesem ernsten Problem zu kämpfen hat.

Der Portugiese war in dieser Woche auf seiner Heimatinse­l Madeira eingeladen. Das kleine Eiland im Atlantik ist auf seinen berühmtest­en Sohn derart stolz, dass es gleich mal den kompletten Flughafen nach dem Superstar benannt hat. Und als ob das noch nicht reichen würde, wurde ein Bildhauer beauftragt, von dem Kicker eine Büste anzufertig­en. Tolle Sache. Also eigentlich.

Schade daran ist allerdings, dass selbst ausgewiese­ne Kritiker des Weltfußbal­lers zugeben müssen, dass das Bronze-werk nur sehr wenig mit dem echten Cristiano Ronaldo zu tun hat: Ein schiefes, leicht irres Lächeln wird von einem hängenden Auge flankiert. Die Karldallis­ierung eines Weltstars. Der stechende Blick ist dazu geeignet, Kleinkinde­r zum Weinen zu bringen. Im Internet kursierten kurz nach Enthüllung der Skulptur bereits Vergleiche der Büste mit Chucky, der Mörderpupp­e. Alles in allem nicht nur doof für Madeira und Ronaldo, sondern auch für den Künstler.

Emanuel Santos, der auf Madeira lebt und mit dem Schaffen des Ronaldo-ebenbildes beauftragt war, kann den Rummel hingegen nicht verstehen. Seine Kunst sei Geschmacks­sache, sagte er – und zog einen Vergleich, der zumindest dem Kicker selbst gefallen dürfte: „Selbst Jesus gefiel nicht allen Menschen.“Ronaldo sei angeblich zufrieden gewesen, als ihm sein Bruder die Bilder von der Skulptur schickte.

Als Vorlage für die Büste hätten ihm im Übrigen Fotos von Cristiano Ronaldo von der Weltfußbal­lerwahl 2016 gedient, die er im Internet gefunden habe. In 15 Tagen habe er das Werk vollendet. Lediglich kleinere Anpassunge­n habe Ronaldo gefordert.

Cristiano Ronaldo bewies ein echtes Pokerface, als er die Büste zum ersten Mal sah. Als sie enthüllt wurde, schaffte er es immerhin, keine Miene zu verziehen. Ob er sich ärgerte, nicht doch mehr Zeit auf die Korrespond­enz mit dem Künstler verwendet zu haben? Wir werden es nie erfahren.

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Rechts: Original.
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Links: Büste.
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