Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Ärzte sind schuld

Fußball Neun Jahre hat Ivan Klasnic um sein Recht gestritten. Bisher ging es um die Frage, wer für die kaputten Nieren des Ex-profis verantwort­lich ist. Ab jetzt geht es um sehr viel Geld

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Bremen Der Ex-profifußba­ller Ivan Klasnic muss dreimal in der Woche zur Dialyse. Seit 2007 wurden ihm bereits zwei Nieren transplant­iert. Der 37-Jährige wartet inzwischen wieder auf ein neues Spenderorg­an. Das Landgerich­t Bremen hat nun festgestel­lt: Verantwort­lich für sein Leiden seien seine früheren Ärzte. So urteilte das Gericht am Freitag in einem seit neun Jahren dauernden Zivilverfa­hren.

Dem früheren Mannschaft­sarzt von Werder Bremen, Götz Dimanski, und der Internisti­n Manju Guha seien grobe Behandlung­sfehler unterlaufe­n, sagte der Vorsitzend­e Richter Clemens Bolay. Deshalb müssen die Mediziner Klasnic ein Schmerzens­geld in Höhe von 100 000 Euro zahlen. Außerdem haften sie für alle Behandlung­skosten. Damit nicht genug: Klasnic hat Anspruch auf Schadeners­atz für den entstanden­en Verdiensta­usfall. Die Höhe müsse allerdings noch in einem weiteren Verfahren ermittelt werden, sagte Bolay. Klasnic hatte die Schadenssu­mme in seiner Klage mit einer Million Euro beziffert.

Kroate spielte von 2001 bis 2008 für Werder. Seine Karriere hatte er trotz der Transplant­ationen erst 2013 beendet. Klasnic war erfreut über das Urteil. „Endlich sehen die Menschen, dass ich keine Märchen erzählt und nicht umsonst geklagt habe. Sondern dass die Ärzte verantwort­lich sind“, sagte er.

Die Leidensges­chichte des Ivan Klasnic

8. Mai 2004 Klasnic gewinnt mit Bremen in München die deutsche Meistersch­aft und schießt dann mit ei nem Tor im DFB Pokalfinal­e gegen Aachen die Hanseaten zum Double.

2. November 2005 Während einer Operation am Blinddarm werden schlechte Nierenwert­e festgestel­lt.

8. Dezember 2006 Der Kreatinin wert steigt. Die Nieren sind kaputt. Eine Transplant­ation ist nötig.

25. Januar 2007 Mutter Sima spendet eine Niere. Allerdings nimmt sein Körper diese nicht an.

16. März 2007 Die zweite Trans plantation mit der Spendernie­re des Vaters in Hannover gelingt.

24. November 2007 Klasnic gibt beim 2:0 Sieg in Cottbus sein Comeback und ist weltweit der erste Fußball Profi mit Spendernie­re.

25. April 2008 Über seinen Anwalt

Nach Auffassung der Zivilkamme­r hätten die Ärzte die schlechten Nierenwert­e des Fußballers ab Mai 2003 erkennen und behandeln müssen. Dies sei nicht geschehen. Zwei Gutachter hatten in dem Verfahren eine ganze Kette von Fehlern in der Behandlung ausgemacht. Diese seien ursächlich dafür, dass die Nierender reicht er beim Landgerich­t Bremen Klage auf Schmerzens­geld gegen die beiden Werder Ärzte ein. Geforderte Summe: 1,1 Millionen Euro.

14. Mai 2008 Klasnic lehnt ein An gebot zur Vertragsve­rlängerung bei Werder Bremen wegen „Misstrauen­s“gegenüber dem Vereinsarz­t ab und wechselt zum FC Nantes.

17. April 2009 Prozessbeg­inn am Bremer Landgerich­t. Klasnic lehnt einen Vergleichs­vorschlag in Höhe von 350 000 Euro ab.

3. März 2013 Nach drei Jahren bei den Bolton Wanderers in England bestreitet Klasnic für Mainz 05 sein letztes Bundesliga Spiel.

September 2016 Die Spendernie­re seines Vaters arbeitet nicht mehr richtig. Klasnic wird zum Dialyse patienten und wartet seitdem auf eine neue Niere. (dpa) funktion sich kontinuier­lich verschlech­terte und schließlic­h ausfiel, betonte Bolay. „Dies hätte einem Arzt schlechter­dings nicht passieren dürfen“, rügte er.

Die Internisti­n Guha war für die alljährlic­he Untersuchu­ng auf Sporttaugl­ichkeit der Profifußba­ller zuständig. Dimanski habe sie nicht über die auffällige­n Nierenwert­e von Klasnic informiert, so Bolay. Guha wiederum habe sich die Laborwerte gar nicht erst angesehen. „Das hätte sie selbstvers­tändlich tun müssen“, betonte Bolay. Ein Gutachter hatte ausgesagt, eines der Hauptprobl­eme bei der medizinisc­hen Betreuung sei gewesen, dass „keiner so richtig zuständig war“.

Weder Klasnic noch die Ärzte erschienen zur Urteilsver­kündung. Hinter ihnen liegt ein langer Rechtsstre­it, der möglicherw­eise mit dem Urteil nicht zu Ende ist. Die Ärzte haben die Möglichkei­t, dagegen Rechtsmitt­el einzulegen. Beide hatten die ihnen zur Last gelegten Vorwürfe stets zurückgewi­esen.

Unterdesse­n wartet Klasnic auf eine Spendernie­re, weil die jetzige seines Vaters nicht mehr genügend leistet. Die durchschni­ttliche Wartezeit beträgt sieben Jahre. „Ich bin in der Warteschle­ife“, hatte der Wahl-hamburger an einem früheren Verhandlun­gstag gesagt.

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Ivan Klasnic

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