Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
So weit darf der Bewerber Check gehen
Vorstellungsgespräch Was der künftige Arbeitgeber wissen darf und wo ihm Grenzen gesetzt sind
Köln Das Interesse des Arbeitgebers ist klar: Er will so viel wie möglich über einen Bewerber erfahren. Doch was ist bei Backgroundchecks erlaubt? Unzulässig seien alle Fragen, an deren Antwort der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse hat oder die den Persönlichkeitsrechten des Bewerbers entgegenstehen, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Ohne Probleme könne der Arbeitgeber nach fachlichen Kenntnissen, beruflichen Erfahrungen, Zeugnissen oder Soft Skills fragen. Die Frage nach gesundheitlichen Einschränkungen ist zulässig, wenn der Bewerber deshalb für die ausgeschriebene Stelle objektiv ungeeignet ist. „Persönliche Verhältnisse sind hingegen in der Regel nicht eignungsrelevant.“
Sowohl das Datenschutzrecht als auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stecken die Grenzen des Arbeitgebers klar ab. „Trotzdem gibt es Ausnahmen“, sagt Helga Nielebock vom Deutschen Gewerkschaftsbund. So sei etwa die Frage nach Vorstrafen zulässig, wenn sie für den Beruf relevant sind. So darf zum Beispiel ein Berufskraftfahrer nach Delikten im Straßenverkehr gefragt werden. „Fragen, die hingegen ausschließlich die private Lebensführung betreffen und mit der Arbeit keinen Zusammenhang haben, müssen grundsätzlich nicht beantwortet werden“, erklärt die Dgb-expertin. Dazu gehört auch, ob der Bewerber etwa Fallschirmspringer ist – also eine extreme Sportart mit großem Verletzungsrisiko betreibt.
Unzulässig sind Fragen nach einer Schwangerschaft – aus Gründen der Diskriminierung und weil das in die Privatsphäre des Arbeitnehmers fällt. „Ebenso ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, sich von der Bewerberin ein Nicht-schwangerschaftsattest vorlegen zu lassen“, sagt Nielebock. Eine Einstellungsuntersuchung darf nur angeordnet werden, wenn „eine allgemeine Auskunft über die gegenwärtige Eignung für den konkret zu besetzenden Arbeitsplatz erlangt werden soll“, sagt die Dgb-expertin. Um einzelne Befunde darf es nicht gehen. Während die Auskunft über eine Gewerkschaftszugehörigkeit nicht zulässig ist, darf sehr wohl nach Religion oder Parteibuch gefragt werden – aber nur, wenn man sich bei sogenannten Tendenzbetrieben bewirbt. Dazu gehören kirchliche Einrichtungen und Parteien. „Auch Informationen über Schufa-einträge oder Schulden muss ein Bewerber nicht preisgeben“, erläutert Fachanwältin Oberthür. Etwas anderes gelte nur, wenn es der Job von jemandem ist, etwa Konten von einem Unternehmen zu beaufsichtigen. Eine Schufa-auskunft sei ohnehin problematisch, meint Dgb-expertin Nielebock, da diese auch Aufschluss über die private Lebensführung gibt. Das gilt auch für die Anforderung einer Bankauskunft oder eines Gewerberegisterauszugs des Bewerbers.
Wer aktiv in den sozialen Medien unterwegs ist, darf sich nicht wundern, wenn das auch der potenzielle Arbeitgeber mitbekommt: „Wer sich bei Twitter politisch äußert, muss damit rechnen, dass der Personalchef mitliest“, sagt Anwalt Prof. Niko Härting. Denn: „Über öffentliche Äußerungen eines Bewerbers kann und darf sich ein Arbeitgeber informieren.“Das Verfassungsgericht habe vor fast einem Jahrzehnt entschieden, dass das Mitlesen nicht in Persönlichkeitsrechte eingreift. „Grundsätzlich aber hat ein Arbeitgeber die Informationen direkt vom Bewerber zu erfragen“, erklärt Anwältin Oberthür. Sollen Daten bei Dritten erhoben werden, müsse der Arbeitgeber einen Bewerber darüber informieren.