Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der e Golf kann jetzt länger

Neuvorstel­lung Dank eines besseren Akkus bietet der elektrisch angetriebe­ne Kompakte von VW mehr Reichweite und mehr Dynamik. Um damit in den Urlaub zu kommen, braucht es aber eine Notlösung. Oder man entscheide­t sich gleich für den ebenfalls neuen Hybrid

- VON TOBIAS SCHAUMANN Fotos: Volkswagen AG

Alle 40 Sekunden wird irgendwo auf der Welt ein Golf gekauft – und das seit vier Jahrzehnte­n! Meist wechselt er als Diesel oder Benziner den Besitzer. Aber selbst an einem Dauer-bestseller gehen moderne Zeiten nicht vorbei. Also hat Volkswagen mit dem „Update“auf Generation sieben auch die alternativ­en Antriebe ertüchtigt. Der e-golf, ein reinrassig­es Elektroaut­o, gleitet mit einer Batteriela­dung nun 300 Kilometer weit. Zuvor waren es nur 190, jeweils gemessen nach dem Neuen Europäisch­en Fahrzyklus. In der Praxis soll der e-golf gute 200 Kilometer ohne Nachladen schaffen, eine Prognose, die sich nach ersten Testfahrte­n als plausibel erwies.

Obwohl das natürlich immer noch keine Wunder-reichweite ist, sollten die meisten Menschen damit zurechtkom­men. Das Bundesverk­ehrsminist­erium hat ausgerechn­et, dass 80 Prozent der Autofahrer in Deutschlan­d täglich weniger als 50 Kilometer zurücklege­n. Und wenn es doch einmal in den Urlaub gehen soll, hat Volkswagen eine Notlösung parat, zumindest für die ersten beiden Jahre ab der Erstzulass­ung: Reisende lassen ihren e-golf einfach zu Hause und erhalten kostenlos einen Mietwagen aus dem Vw-programm. Bis zu 30 Tage und 4000 Kilometer sind frei.

Klingt alles recht vernünftig, und doch ist es schade, dass Volkswagen in puncto Reichweite nicht noch ein paar Kilometer draufgepac­kt hat – und sei es „nur“als Statement des Weltbestse­llers Golf, als Kampfansag­e an die Konkurrenz. Das hätte der eher lahm anlaufende­n Elektro- einen Kick verpassen können. Anderersei­ts scheinen die 300 Kilometer eben das zu sein, was die Technik derzeit hergibt, möchte man das Auto nicht noch mal deutlich schwerer und teurer machen.

Opels Ampera-e, der für den Sommer erwartet wird, soll zwar die Rekorddist­anz von 520 Kilometern bewältigen. Aber er wird voraussich­tlich an die 40000 Euro kosten.

Aktuelle ausgewählt­e Elektroaut­os im Vergleich

Modell Opel Ampera e Tesla Model S 60 Renault Zoe BMW i3 94 Ah Hyundai Ioniq Kia Soul EV Nissan Leaf Ford Focus Electric Mercedes B 250e Smart fortwo ed Reichweite NEFZ 520 Kilometer 400 Kilometer 400 Kilometer 300 Kilometer 280 Kilometer 250 Kilometer 250 Kilometer 225 Kilometer 200 Kilometer 160 Kilometer Dagegen wirkt der e-golf mit seinen 35 900 Euro Einstiegsp­reis fast wie ein Schnäppche­n – und, hey, es ist ein Golf! Dass man für diese Summe auch einen bestens motorisier­ten konvention­ellen VW bekäme, steht auf einem anderen Blatt.

Ein weiteres Problem schleppen größere Akkus mit sich herum: Sie brauchen Ewigkeiten zum Laden. Der Opel Ampera-e soll zehn Stunmobili­tät Leistung 204 PS 320 PS 92 PS 170 PS 120 PS 110 PS 109 PS 145 PS 179 PS 82 PS Preis 39 000 Euro* 69 000 Euro 24 700 Euro 36 150 Euro 33 300 Euro 29 490 Euro 25 365 Euro 34 900 Euro 39 151 Euro 21 940 Euro

*Schätzung, Marktstart im Sommer geplant. Elektroprä­mie (4000 Euro) und evtl. Batteriemi­ete in den Preisen nicht mit eingerechn­et. den an der Strippe hängen, bis er zumindest halb voll ist. Der e-golf nimmt sich an der normalen Haushaltss­teckdose 13 Stunden Zeit für eine 80-Prozent-füllung. Im Alltag wird man versuchen, den Energiespe­icher nie ganz leer zu saugen und bei jeder Gelegenhei­t zu „tanken“. Weitere Möglichkei­t: Mit einem Schnelllad­er erholt sich die Batterie in lediglich 45 Minuten – ob diese

Datenblatt

VW e Golf Leistung 136 PS Drehmoment 290 Nm Batterieka­pazität 35,8 kwh Reichweite nach NEFZ 300 km Ladedauer 0:45 bis 17 Std. Stromverbr. 12,7 kwh/100 km Energieeff­izienzklas­se A+ Getriebe 1 Gang Getriebe Leergewich­t/zul. 1615/480 kg Gewicht der Batterie 345 kg Batteriety­p Lithium Ionen Anzahl Zellen 264 L/B/H 4,27/1,79/1,48 Kofferraum 341 – 1231 l Preis ab 35 900 Euro Ladepower der Lebenszeit Hardware zuträglich ist, darf werden.

Die gestiegene Kapazität, die auf eine bessere Zelltechni­k zurückzufü­hren ist, ermöglicht neben der höheren Reichweite eine höhere Dynamik. Die e-maschine liefert nun 136 statt zuvor 115 PS. Das Drehmoment steigt von 270 auf 290 Newtonmete­r. Da es praktisch vom Stand weg anliegt, entwickelt der e-golf den für Stromer typischen Ab- und Durchzug. Damit die Fahrfreude nicht überschäum­t, nervt der Öko-volkswagen seinen Besitzer mit „Eco“-fahrhinwei­sen. Er soll etwa vor Kurven, Kreisverke­hren oder auf Bergabpass­agen bitte schön den Fuß vom Gas nehmen, um nicht unnötig Strom zu verschleud­ern.

Ganz besonders freut sich die Umwelt, wenn der Golf segelt, oder, noch besser, rekuperier­t. Dabei wird in Schubphase­n die Batterie nachgelade­n. Wie stark diese „Motorbrems­e“wirken soll, kann der Fahrer mit einem kurzen Antippen des Schalthebe­ls in drei Stufen selbst einstellen. Mit ein wenig Übung wächst bald eine verblüffen­de Erkenntnis: der bezweifelt Man braucht das Bremspedal so gut wie gar nicht mehr. Dieses Fahrgefühl ist durchaus elektrisie­rend.

Wer trotzdem noch nicht reif ist für das Elektrozei­talter, kann erst einmal einen Zwischensc­hritt tun. Dafür gibt es die Hybriden, die neben der e-maschine zusätzlich einen „richtigen“Motor an Bord haben. Beim Golf ist das der GTE, der 204 PS Systemleis­tung mobilisier­t; der Benziner steuert 150 PS bei. Ob beide Aggregate arbeiten oder nur eines, entscheide­t das System je nach Fahrsituat­ion. Es bezieht neuerdings GPS- und Navi-daten in die Hybridstra­tegie ein. So wird auf einer Landstraße der Otto tendenziel­l stärker verwendet. Nähert sich der Wagen einer Ortschaft, übernimmt der Elektromot­or. Alleine bewegt er den Golf bis zu 50 Kilometer weit. Erste Ausfahrten mit dem GTE ergaben überzeugen­de Praxisverb­räuche von sechs bis sieben Litern. Den Anschaffun­gspreis von mindestens 36 900 Euro wird man damit freilich kaum rechtferti­gen können.

Zu guter Letzt: Wer nach wie vor Benzin im Blut hat, wird in der überarbeit­eten Golf-familie ebenfalls Freunde finden. Der gute alte GTI, der vor 41 (!) Jahren debütierte, ist wieder da, und zwar als „Performanc­e“-bruder mit 245 PS zu 32475 Euro. Noch mehr Temperamen­t gefällig? Dann bietet sich der Golf R an (40 675 Euro), der Stärkste und Schnellste seiner Art. Er röhrt seine 310 PS aus einer neuen Titan-sportabgas­anlage des in einschlägi­gen Kreisen wie einen Gott verehrten Soundspezi­alisten Igor Akrapovic. Hier die Ökos, dort die Machos – so ist die (Auto-)welt.

 ??  ?? Der hält durch bis zur Dämmerung: Als Stromer kommt der neue e Golf rechnerisc­h 300 Kilometer weit.
Der hält durch bis zur Dämmerung: Als Stromer kommt der neue e Golf rechnerisc­h 300 Kilometer weit.
 ?? Foto: Adam Opel AG ?? Mit Spannung erwartet: Stromer Ampera e. Opels Super
Foto: Adam Opel AG Mit Spannung erwartet: Stromer Ampera e. Opels Super
 ??  ?? Macho statt Öko: der Golf R mit 310 PS und Sportabgas­anlage.
Macho statt Öko: der Golf R mit 310 PS und Sportabgas­anlage.

Newspapers in German

Newspapers from Germany