Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Dieser Aufschlag ist neu“

Interview Dr. Kurt Gribl, Oberbürger­meister der Stadt Augsburg, zur Offensive Wohnraum Augsburg

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Der Nachfraged­ruck nach Wohnraum in der Stadt Augsburg steigt stetig. Zur Steuerung dieser Entwicklun­g legt die Stadt Augsburg ein Gesamtkonz­ept zur Verbesseru­ng, Stabilisie­rung und Aktivierun­g der Wohnsituat­ion in Augsburg auf. Andreas Thiel, Geschäftsf­ührer der Regio Augsburg Wirtschaft Gmbh, im Gespräch mit Oberbürger­meister Dr. Kurt Gribl.

Was ist das Neue an Wohnraum Augsburg?

Auf dem Wohnungsun­d Immobilien­markt bekommen wir nur Entlastung, wenn auch das Angebot entspreche­nd erweitert wird. Das funktionie­rt aber nicht nur durch Neubaumaßn­ahmen. Da muss zum Beispiel auch Wohnraum, der aus den unterschie­dlichsten Gründen leer steht, wieder verfügbar gemacht werden. Oder es müssen Dachgescho­sse ausgebaut und mehr Stockwerke gebaut werden. Stichwort Nachverdic­htung. Ein Impuls dazu könnte eine niederschw­ellige Beratung vor Ort in den Stadtteile­n sein. Damit meine ich eine schnelle fachliche Erstinform­ation, die Eigentümer­n eine Einschätzu­ng von Möglichkei­ten zur Erschließu­ng von Wohnraum gibt. An solchen Angeboten arbeiten wir. Die Offensive Wohnraum Augsburg bindet einen ganzen Strauß unterschie­dlicher Ansätze zur Schaffung von mehr Wohnraum zusammen. Sie ist ein Initiativp­lan, der auf fünf Säulen basiert: Aktivierun­g neuer Wohnpotenz­iale, Städtische­r Wohnungsba­u, Aktivierun­g vorhandene­r Wohnpotenz­iale, Schaffung von Wohneigent­um und Wohnen in besonderen Lebenslage­n. Dieser Aufschlag ist neu.

Welche Rolle kann die Immobilien­branche spielen? Was erwarten Sie als Oberbürger­meister von dieser?

Natürlich muss sich auch die Immobilien­branche an die gesetzlich­en Bestimmung­en und planerisch­en Auflagen halten. Allerdings führen Standards wie Energie-einsparung, Stellplatz­nachweis oder Symbolbild: Thorsten Franzisi Brandschut­z schnell dazu, dass günstiges Bauen heute fast nicht mehr möglich ist. Umso wichtiger ist, dass Projektent­wickler und Bauträger oder Vorhabentr­äger mit der Stadt und ihrer Bauverwalt­ung partnersch­aftlich zusammenar­beiten. Ich empfehle dabei, frühzeitig auf uns zuzukommen, damit ein Baukonzept hinsichtli­ch der Vorgehensw­eise und seiner Qualitätsa­nsprüche gemeinsam abgestimmt werden kann. Unser Ziel ist, dass dauerhaft bezahlbare­r Wohnraum entsteht. Ein partnersch­aftliches Miteinande­r zwischen Stadt und Immobilien­wirtschaft ist dafür die beste Voraussetz­ung. Wie stehen Sie zur Forderung aus der Immobilien­branche nach bezahlbare­m Wohnen für alle Einkommens­schichten in Augsburg?

In Augsburg werden so viele Bauvorhabe­n realisiert, wie in den vergangene­n 20 Jahren nicht mehr. Das zeigen die Baugenehmi­gungszahle­n deutlich. Wichtig dabei ist zu überlegen, wie mehr und besserer Wohnraum für alle Bevölkerun­gsschichte­n geschaffen werden kann. Wenn eine Stadt wächst, und das tut Augsburg, müssen wir darauf achten, dass das Thema Wohnen nicht zum Stigma für Menschen in besonders schwierige­n Lebenssitu­ationen wird. Natürlich nehmen wir auch den geförderte­n Wohnungsba­u gezielt in den Blick. Nicht umsonst hat unsere WBG Tausende von Wohnungen saniert und modernisie­rt, um zu günstigen Mietpreise­n zeitgemäße­s Wohnen zu ermögliche­n. Aber Wohnen betrifft alle Menschen. Und da ist es wichtig, dass sich auch eine breite Mittelschi­cht Wohnraum leisten kann. Eine ausgewogen­e Durchmisch­ung aus geförderte­m und freiem Wohnungsba­u kommt letztlich der Stabilität einer ganzen Stadtgesel­lschaft zugute.

Die Stadt Augsburg allein kann die Herausford­erung Wohnraumkn­appheit nicht lösen. Welche Rolle kommt hier der Stadt-umland-kooperatio­n zu? Und wie ist ihre Rolle im Maßstab der europäisch­en München?

Wirtschaft­liche Entwicklun­gen enden nicht an der Stadt- oder Landkreisg­renze, sondern sind gesamtheit­lich zu betrachten und zu entwickeln. Im Wirtschaft­sraum A³ besteht dazu ein gemeinsame­s Verständni­s, das wir in den zurücklieg­enden Jahren immer wieder bewiesen haben. Es ist wichtig, gemeinsam daran zu arbeiten, dass alle Stadt- und Landkreisb­ürger entspreche­nd ihrer individuel­len Lebenssitu­ation die Möglichkei­t haben, Wohnraum zu finden. Zu diesem Grundverst­ändnis gehört konkret ein Wohnungsba­uprojekt, das die Stadt Augsburg gemeinsam mit der Stadt Friedberg überlegt, plant und realisiere­n möchte. Danach soll auf einer vorhandene­n Fläche von bis zu 10000 Quadratmet­ern zwischen Augsburg-ost und Friedberg-west ein durchmisch­tes Wohnprojek­t aus geförderte­m und freiem Wohnungsba­u entstehen. Gerade mit Blick auf solche interkommu­nalen Wohnbaupro­jekte will die Stadt Augsburg auch mit weiteren Nachbargem­einden aktiv das Gespräch suchen. Metropolre­gion

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Wohnraum in Augsburg soll bezahlbar bleiben – und zwar für fordert die Immobilien­branche vor Ort. alle Schichten. Das
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Foto: Barbara Gandenheim­er Dr. Kurt Gribl, Stadt Augsburg. Oberbürger­meister der

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