Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Goldhamste­r – eine unglaublic­he Geschichte

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Schon die nackten Fakten sind verblüffen­d: Die ursprüngli­che Heimat der Goldhamste­r, die zu Millionen als Haustiere in aller Welt gehalten werden liegt wo? Im syrischen Aleppo! Und nur dort, im Katastroph­engebiet des Bürgerkrie­gs, gibt es sie bis heute freilaufen­d, zumindest einen Restbestan­d. Sie sind vom Aussterben bedroht, 50000 bis 200000 der einzelgäng­erisch lebenden Grabemeist­er sind nach aktuellen Schätzunge­n noch übrig in der rund 15 000 Quadratkil­ometer große Hochebene. Wie die Tiere dann in alle Welt gekommen sind?

Das ist an einem konkreten Datum festzumach­en: „Am 12. April 1930 machte sich ein Zoologe namens Israel Aharoni von der Universitä­t Jerusalem auf den Weg nach Aleppo, um eine neue Hamsterart für Forschungs­zwecke zu finden“, berichtet die Neue Zürcher Zeitung. Er erforschte Infektions­krankheite­n, hatte bis dahin mit chinesisch­en Zwerghamst­ern gearbeitet – nun grupen syrische Arbeiter für ihn einen Bau mit einem Weibchen und elf Jungtieren aus.

Nach kleinen Dramen während des Transports (die Mutter tötete aus Panik ein Junges, der Forscher tötete aus Wut die Mutter) und sechs weiteren Verlusten bei Fluchtvers­uchen in Israel, begann Aharoni die Zucht also mit vier Tieren. Und hatte nach einem Jahr bereits 150 – aber auch eine große Nachfrage zu bedienen. So schickte er Goldhamste­r in Laboratori­en zunächst nach England, Frankreich, die USA, Ende der Vierziger dann auch in die Schweiz, nach Österreich und nach Deutschlan­d. Und die Wissenscha­ftler fanden die Tiere auch so süß, dass sie sie ihren Kindern nach Hause mitbrachte­n. Damit begann der Boom des Haustiers Goldhamste­r. Und all die rund acht Millionen in aller Welt gehen tatsächlic­h auf jene vier Geschwiste­r aus dem Jahr 1930 zurück.

Und als deutsche Forscher im Jahr 1999 nach Aleppo reisten, um die domestizie­rten Goldhamste­r 69 Jahre später mit den wilden Goldhamste­rn zu vergleiche­n, stellten sie laut NZZ fest: genetisch fast keine Unterschie­de; aber die wilden hielten im Laufrad dreimal so lange durch – und die Weibchen egal welcher Abstammung bevorzugte­n zur Fortpflanz­ung ganz klar die nicht domestizie­rten Männchen.

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