Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das sagen Schüler und Eltern zum G 9
Bildung Bayerische Gymnasiasten machen künftig wieder in neun Jahren ihr Abitur. Dafür hat die CSU nun Eckpunkte festgelegt. Die Reform kommt fast überall gut an
Augsburg Das von Eltern, Schülern und Lehrern viel beklagte G 8 ist bald Geschichte. Schon ab Herbst sollen die ersten bayerischen Schüler von einem Jahr mehr Lernzeit profitieren – und damit deutlich weniger im Nachmittagsunterricht sitzen und mehr Zeit für Praktika, Berufsorientierung und Hobbys nutzen können.
Nach jahrelangen Diskussionen hat die Csu-fraktion die Eckpunkte für die Reform hin zu einem neunjährigen Gymnasium vorgelegt. Besonders heiß diskutiert wurde schon im Vorfeld die Frage, wie die Lehrinhalte am besten auf neun Jahre zu verteilen sind. Die elfte Jahrgangsstufe können schnellere Schüler künftig überspringen.
In der Realität treffen die Konzepte vom Verhandlungstisch auf Schulleiter, Lehrer, Eltern und Schüler. Und die verbinden mit der Reform viele Hoffnungen und Erwartungen.
Der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands, Michael Schwägerl, etwa begrüßt die Wende zum neuen G 9 ausdrücklich. Er glaubt, dass das zusätzliche Jahr den Schülern guttun wird. „Es bewirkt größere Nachhaltigkeit, mehr Vertiefungsmöglichkeiten und wird die Qualität des Gymnasiums noch einmal steigern.“Mit dem G 8 habe sich der Philologenverband ohnehin nie anfreunden können.
An einigen Schulen haben Schüler im Rahmen des Modellprojekts Mittelstufe Plus schon jetzt die Chance, ihr Abitur erst nach neun Jahren zu machen. Ihre Mittelstufe umfasst vier statt drei Jahre. Parallel zum G 8 wurde dieser Weg etwa am Johann-michael-sailer-gymnasium in Dillingen angeboten. Schulleiter Kurt Ritter freut sich, dass seine Schüler auch im neuen Gymnasium nach acht Jahren abschließen können, wenn sie die elfte Klasse auslassen. „Beide Lernwege halte
So soll die Reform konkret aussehen
Einführung Das neue bayerische Gymnasium startet für die fünften und sechsten Klassen im Schuljahr 2018/2019. Damit sind Schüler, die im Herbst 2017 in die fünfte Klasse kommen, schon auf der G 9 Spur.
Stellen Für die Bildungsreform plant das Kultusministerium 1850 neue Lehrer ein. Neben 1000 Planstel len am Gymnasium sollen unter an derem die Förderschulen gestärkt wer den. Sie erhalten bis 2020 250 neue Stellen. Auch die Beruflichen Schulen und Berufsoberschulen werden in den kommenden zwei Jahren mit ins gesamt 100 Stellen bedacht.
Fächer Kernfächer wie Mathematik ich grundsätzlich für gut. So wählen Schüler individuell eine Lösung für sich.“
Einen Vorteil, den die Reform zudem vor allem an Landschulen wie dem Joseph-bernhart-gymnasium in Türkheim (Unterallgäu) bringen wird, nennt die Vorsitzende des dortigen Elternbeirats, Ursula Hiller: „Mit weniger Nachmittagsunterricht wird es deutlich einfacher, Schulbusse zu organisieren.“Gerade auf dem Land hatten viele Eltern am G 8 kritisiert, dass die Schüler wegen schlechter Busverbindungen an Tagen mit Nachmit- und Deutsch sollen mehr Platz im Stundenplan bekommen. Außerdem wird Informatik künftig Pflichtfach.
Neue elfte Klasse Diese Jahrgangs stufe soll künftig eine Sonderrolle einnehmen. Schüler sollen sich darin vor allem der Berufsorientierung widmen und ihre persönlichen Interes sen kennenlernen. Denkbar ist auch ein Frühstudium oder Auslandsjahr.
Überholspur Schüler, die weiter in acht Jahren zum Abitur kommen möchten, dürfen die elfte Klasse über springen. In den Jahrgangsstufen neun und zehn haben sie dafür nach mittags Zusatzkurse, in denen sie den Stoff „vorlernen“. (AZ) tagsunterricht erst spät nach Hause kommen. Petra Bauer aus Augsburg ist eine der Eltern, die bald entscheiden müssen, ob ihr Kind aufs Gymnasium geht. Sie findet das neunjährige Gymnasium gut. „Es wird ein bisschen Druck aus der Schulzeit nehmen“, sagt sie. „Ob meine Tochter aufs Gymnasium geht, hätte ich aber nicht von G 8 oder G 9 abhängig gemacht. Mir ist wichtig, dass sie motiviert ist und von sich aus aufs Gymnasium will. Kinder sollen auch am Gymnasium noch Kind sein dürfen und zu eigenverantwortlichen Menschen erzogen werden.“
Und was sagen die Schüler zur Umstellung auf das G 9? Die bayerische Landesschülersprecherin Acelya Aktas ist euphorisch. Zwar wird die 17-jährige Gymnasiastin des Stetten-instituts in Augsburg selbst nicht mehr von der Reform profitieren, aber sie freut sich dennoch: „Wir haben bei einer Reform mitgewirkt, die viele kommende Schülergenerationen betrifft. Ich habe mich in die Entwicklung sehr gern eingebracht.“Eines sehen sie und ihre Mitstreiter vom Landesschülerverband allerdings noch kritisch: „In der Politik ging es immer vor allem um die Dauer der Schulzeit. Für uns ist es aber eher nebensächlich, ob wir nun acht oder neun Jahre zum Gymnasium gehen. Viel wichtiger sind uns die Inhalte!“