Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Kitschfreie Gedanken
Lyrik Es geht ums Leben, wenn Knut Schaflinger dichtend der Geometrie folgt
Vielleicht lässt sich das Leben ja in die Quadrate „Kindheit, Jugend, Reifezeit, Alter“aufteilen. Zusammengesetzt ergeben sie ein Spielfeld. Derlei Überlegungen stellen sich beim Lesen von „Die Ungewissheit der Quadrate“ein, dem zehnten Lyrikband des in Augsburg lebenden Lyrikers Knut Schaflinger.
Die darin vom Poeten Seite für Seite untereinander gesetzten 15 lyrischen Reihungen ergeben in der Breite jedoch kein Quadrat, sondern ein Rechteck. So viel zum Formalen. Inhaltlich bleibt Schaflinger jedoch auf dem streng angeordneten Spielfeld des Lebens, im ersten „Quadrat“beginnend mit „Die Fügsamkeit von nassem Haar. Eine Ahnengalerie“, worin er in seiner sensiblen Sprache Bilder beschreibt, davon ist „… jedes an einen Nagel gehängt das letzte erst gedübelt“. Kryptisch der abschließende Satz: „Jetzt die Feuerwehr macht im Nacken dein nasses Haar gefügig.“
Im Kapitel „Zweites Quadrat“ geht es um „Parzellen und Paravants“, beginnend mit „Rechteck Kreise und Quadrat. Eine Abgrenzung“. Schaflinger widmet sich darin der Natur… „Die Wiese eingezäunt“, verzichtet wie in jedem seiner Blocksätze auf Kommata, Ausrufeoder Fragezeichen, übrig bleibt nur ein abgrenzender Punkt.
Jedes der von Schaflinger verdichteten „Quadrate“stimmt nachdenklich, belustigt und weckt Gefühle, wenn „Musik aus dem Fallrohr“klingt. Über dem letzten, dem vierten Quadrat in diesem Lyrikband, lesen wir das Matthias-claudius-zitat „Der Wald steht schwarz und schweiget“. Doch kein Nebel „aus den Wiesen steiget“, sondern was folgt, ist „Ein Alb“.
In jedem der Quadrate bleibt Schaflinger seiner Linie treu, das Wesen der Natur und das darin mögliche Miteinander zu erfassen. Kitschfrei sind seine Gedanken aneinandergereiht, und dennoch berühren sie den Leser im Innersten.
» Knut Schaflinger: Die Ungewissheit der Quadrate, Verlag Ralf Liebe, 20 Euro