Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Brandgefährlich und immer da
Problem mit der sehr ausgereiften Technologie von Lithium-ionenbatterien gebe es aber nicht, erklärt Werner Tillmetz vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-württemberg (ZSW). „Es gibt in diesem Bereich einfach eine gigantische Zunahme und enorme Wachstumsraten.“Da sei es kein Wunder, dass auch die Probleme zunähmen. „Wenn man sich als Wissenschaftler sagt, ich habe eine Rate von einem Ausfall pro einer Million, dann kann die wahrgenommene Zahl eine Riesenmenge sein – obwohl es eigentlich nur ein Millionstel ist.“
Allerdings seien gerade die Handy-akkus inzwischen an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt; Spielraum nach oben gebe
Die Batterien sind längst an der Leistungsgrenze
es kaum. „Der Nutzer hat immer extremere Anforderungen, will immer online sein, das ist brutal, das geht mit keiner Batterie der Welt“, betont Tillmetz. „Eventuell sind in verschiedenen Produkten Batterien an ihrer thermischen Grenze“, meint auch Diekmann. Gerade in den Handys werde eine weitere Miniaturisierung immer schwieriger.
Außerdem, so Tillmetz, könne die extreme Nachfrage und der hohe Wettbewerb auch zu Produktionsfehlern führen. „Handy-akkus werden mit irrsinniger Geschwindigkeit von zehn Stück pro Minute produziert – bei diesen filigranen Bauteilen dann keine Fehler zu machen, ist eine riesige Herausforderung für den Hersteller.“Diese sitzen fast alle in Asien, die größten in Südkorea und Japan.
Nicht nur wegen der schieren Zahl der Akku-betriebenen Geräte wachse die Gefahr von Zwischenfällen. Hauptgrund für Unglücke seien Fehler bei der Anwendung und falsche Behandlung, erklärt Tüv-experte Diekmann weiter. „Feuchtigkeit, Überlastung, extreme Temperaturen vertragen Akkus nicht“, sagt er. Aber Handys werden auf die Fensterbank in die Sonne gelegt, E-bikes bei Minustemperaturen vor der Haustür stehengelassen. Im Februar brannte ein ganzes Fahrradgeschäft in Hannover wegen eines defekten E-bike-akkus aus.
„Akkus brauchen eine Art Wohlfühltemperatur zwischen etwa zehn Grad und nicht ganz 30 Grad“, sagt Diekmann. Auch würden oft Ladegeräte verwendet, die für das jeweilige Gerät nicht vorgesehen oder zugelassen seien. Ein weiteres Problem: schlechte Qualität durch die Billiganbieter. „Im Massenmarkt tauchen auch Hersteller auf, die bei einem Hype – etwa den Hoverboards – mitmischen wollen, ohne das Know-how zu haben.“Diekmanns Rat: nach geprüften Produkten mit deutscher Gebrauchsanweisung und Herstelleradresse schauen. Und: „Möglichst nicht auf dem Wochenmarkt oder online von unbekannten Herstellern kaufen.“
Lithium-ionen-batterien seien eine sehr sichere Sache und die Sicherheitstests in Deutschland auf extrem hohen Niveau, ergänzt Batterie-experte Alexander Schmidt vom Projekt Competence E am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Aber: Ein Restrisiko gibt es immer. Eine alternative Technologie ist nach Meinung Schmidts und anderer Experten nicht in Sicht. Die Sicherheit der Akkus werde laufend verbessert, etwa um sie hitzebeständiger zu machen“, erklärt Forscher Dominic Bresser vom Helmholtzinstitut Ulm (HIU). „Sie werden auch in den nächsten zehn Jahren die einzigen sein, die in der Lage sind, Smartphones, E-bikes oder Autos anzutreiben.“
Anika von Greve-dierfeld, dpa