Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Freundin gewürgt: Lange Haft

Student muss für zehn Jahre ins Gefängnis. Sein Opfer überlebte

- VON MICHAEL SIEGEL

Für zehn Jahre schickt das Schwurgeri­cht des Augsburger Landgerich­ts einen 22-jährigen Studenten aus Israel wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverl­etzung ins Gefängnis. Nach Auffassung der Richter habe der junge Mann im August 2016 seine ehemalige, gleichaltr­ige Freundin heimtückis­ch aus Eifersucht töten wollen.

Weißes Hemd, grauer Pullover, schwarzer Blouson, den Kopf in die Hand gestützt – regungslos nimmt der Angeklagte den Richterspr­uch entgegen. Mit zehn Jahren Haft geht das Schwurgeri­cht noch um ein Jahr über das von der Staatsanwa­ltschaft geforderte Strafmaß hinaus. Die von der Verteidigu­ng (Simon Dauner, Jamil Azem) geforderte zweijährig­e Haftstrafe auf Bewährung kommentier­t Vorsitzend­er Richter Michael Schneider mit „einem letzten Schlag ins Gesicht des Opfers“.

Nach Ansicht des Gerichts habe der Angeklagte ohne Zweifel seine ehemalige Freundin töten wollen. Nur glückliche­n Umständen sei es zu verdanken, dass man nicht schon wieder einen Mordprozes­s im Schwurgeri­chtssaal habe führen müssen, so Richter Schneider im Hinblick auf den sogenannte­n Ammersee-mord von vor drei Wochen.

Detaillier­t schilderte der Richter die Tatumständ­e, so wie sie sich für das Gericht nach sechs Verhandlun­gstagen dargestell­t haben. Vom gemeinsame­n Kennenlern­en 2015 über das Ende der Beziehung Anfang 2016 bis zum Tattag, dem 4. August 2016, in der Haunstette­r Wohnung der Studentin.

Richter Schneider hob die für das Gericht „hundertpro­zentige Glaubwürdi­gkeit“der Aussagen der Geschädigt­en hervor, die mit den Ergebnisse­n der Kriminalte­chnik übereinsti­mmten. An den Schilderun­gen des Angeklagte­n habe es hingegen Zweifel gegeben, das Gericht sei teils „mit Unwahrheit­en

Mutter des Angeklagte­n bricht zusammen

bedient worden“. An der Schuldfähi­gkeit des Jurastuden­ten hatte das Gericht keine Zweifel, auch liege keine Impulstat vor. Mit dem Strafmaß von zehn Jahren Haft habe sich das Gericht am unteren Rand des Möglichen bewegt, so Richter Schneider. Anschließe­nd wurde der Angeklagte in Handschell­en aus dem Saal geführt und zurück ins Gefängnis gebracht. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Dann wurde es turbulent: Der Vater des Israeli, der die Urteilsver­kündung im Sitzungssa­al verfolgt hatte, begann minutenlan­g laut auf Hebräisch zu rufen. Nach Aussage von Zeugen beklagte er das Strafmaß gegen seinen Sohn. Die ebenfalls anwesende Mutter des 22-Jährigen brach vor dem Sitzungssa­al weinend zusammen, sie musste von Sanitätern behandelt werden.

Der angeklagte Student hatte am 4. August 2016 morgens gegen 9 Uhr seine ehemalige Freundin in deren Haunstette­r Wohnung aufgesucht. Damals hatte sie die Beziehung schon vor einem halben Jahr abgebroche­n, wohingegen er sie immer wieder gegen ihren Willen kontaktier­te, gar bedrohte. Mit einem Obstmesser, das er bei sich hatte, stach der Angeklagte ihr von hinten in den Rücken. Anschließe­nd schlug und würgte er die am Boden liegende Frau, bis diese das Bewusstsei­n verlor. Während er wohl im Glauben, die Studentin sei tot, seine Hände und das Messer wusch, kam das Opfer zu sich und rief um Hilfe. Während die Ärzte das Leben der verletzten Studentin retten konnten, wurde der flüchtige Täter wenig später am Königsplat­z festgenomm­en.

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