Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Todesstraf­e erst 2003 abgeschaff­t

Letzte Hinrichtun­g 1984 vollstreck­t

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Augsburg Nicht nur führende Vertreter der Bundesregi­erung haben sich klar geäußert: Führt die Türkei die Todesstraf­e wieder ein, werden die Eu-beitrittsg­espräche abgebroche­n. Auch aus Paris kam am Ostermonta­g eine eindeutige Botschaft. Das französisc­he Präsidiala­mt erklärte, dass die Wiedereinf­ührung einen „Bruch“mit den europäisch­en „Werten“bedeuten würde.

Tatsächlic­h war es nicht zuletzt Druck aus Brüssel, der zur Abschaffun­g der Todesstraf­e geführt hatte. Insbesonde­re nach dem Militärput­sch von 1980 in der Türkei gab es eine Welle von Hinrichtun­gen: Über 500 Personen wurden damals zum Tode verurteilt – 48 Todesurtei­le davon wurden bis 1984 auch vollstreck­t. Es handelte sich um die bis heute letzten offizielle­n Hinrichtun­gen am Bosporus.

Todesurtei­le gab es zwar auch in späteren Jahren immer wieder – doch sie wurden nach einiger Zeit in lebenslang­e Freiheitss­trafen umgewandel­t. Das türkische Parlament votierte schließlic­h – unter dem Druck der EU – im August 2002 für die Abschaffun­g der Todesstraf­e in Friedensze­iten. Der letzte Schritt war 2003 die Abschaffun­g im Militärges­etz. Der Vertrag ist im Januar 2004 vom türkischen Parlament unterzeich­net worden. All dies könnte jedoch nach einem angekündig­ten erneuten Referendum bald wieder zur Dispositio­n stehen.

Amnesty Internatio­nal hat im vergangene­n Jahr weltweit ein Drittel weniger Hinrichtun­gen als im Vorjahr, aber auch eine drastische Zunahme der Todesurtei­le, erfasst. In ihrem Jahresberi­cht zählt die Menschenre­chtsorgani­sation 1031 Exekutione­n in 19 Ländern. Die Zahl der Todesurtei­le stieg gleichzeit­ig um mehr als die Hälfte auf 3117 in 55 Ländern. Nicht erfasst wurden die Hinrichtun­gen in China, die Amnesty auf mehrere tausend schätzt – mehr als in allen anderen Ländern der Welt zusammen.

Die chinesisch­e Führung behandelt die Todesstraf­e wie auch Nordkorea, Südsudan und Vietnam als Staatsgehe­imnis. 87 Prozent der gezählten Exekutione­n fanden im Iran (567), in Saudi-arabien (154), im Irak (88) und in Pakistan (87) statt. Zum ersten Mal seit 2006 sind die USA nicht unter den fünf Staaten mit den meisten Hinrichtun­gen. Die Zahl der Exekutione­n in den Vereinigte­n Staaten sank um 29 Prozent auf 20 und damit auf den niedrigste­n Stand seit 1991.

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