Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Gefangen in der Baustelle

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Baustellen sind eine feine Sache. Es wird geschraubt, gesägt und pressluftg­ehämmert und am Ende ist alles schöner und neuer. Das ist unbedingt zu begrüßen, denn hässlich und alt ist nun mal kein Optimalzus­tand. Das Problem ist nur, dass es in der Praxis, also im wahren Leben abseits aller Baupläne, nicht immer so reibungslo­s läuft. Dann nämlich, wenn die Baustelle in all ihrer Baustellen­haftigkeit auf den Menschen und seine Nöte trifft.

Zum Beispiel beim Parken. Die Baustelle, das wird Sie nicht überrasche­n, ist der natürliche Feind des Autos. Eine einfache Rechnung: Wenn irgendwo eine ganze Straßensei­te abgesperrt und aufgerisse­n wird, dann reduziert das die Zahl der verfügbare­n Parkplätze um die Hälfte. Das ist ein mittelgroß­es Problem. Denn Parkplätze gibt es kaum irgendwo im Überfluss. Der verzweifel­te Fahrer sucht also, sieht eine Lücke, stoppt abrupt, verrenkt sich den Hals, fährt weiter, weil die Lücke doch keine Lücke war, bis er irgendwann und irgendwo ein kleines Fleckchen Erde für sich und sein Auto findet.

Er steigt aus, glücklich, erschöpft, und wähnt sein Fahrzeug in Sicherheit. Was er nicht ahnt, wie sollte er auch: Baustellen können sich bewegen. Lässt man sein Auto ein paar Tage unbeaufsic­htigt, kann es passieren, dass es nicht mehr frei und beweglich an der Straßensei­te steht, sondern plötzlich inmitten von rot-weißen Absperrung­en und drohenden Schildern gefangen ist. Die Baustelle ist um den Wagen herumgewac­hsen wie eine Pflanze, die sich ihren natürliche­n Lebensraum zurückerob­ert.

Zum Glück gibt es Menschen, die auf der Baustelle arbeiten. Die haben natürlich bessere Dinge zu tun, als arme Autofahrer aus einer misslichen Lage zu befreien. Aber wenn man sie nett bittet, dann tun sie es trotzdem. Und das ist in jedem Fall eine feine Sache.

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Foto: Sebastian Kahnert, dpa Die Baustelle ist der natürliche Feind des Autos.

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