Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vettel tanzt zum Sieg

Formel 1 Mit dem zweiten Saisonerfo­lg in Bahrain setzt sich der vierfache Weltmeiste­r wieder an die Spitze. Die Konkurrenz staunt über Ferrari und schaut sich das rote Auto ganz genau an

- VON KARIN STURM

Bahrain Mit dem zweiten Saisonsieg wieder die alleinige Wm-führung übernommen, die Rolle als großer Mercedes-herausford­erer endgültig bestätigt: Besser hätte das Bahrainwoc­henende für Sebastian Vettel und Ferrari kaum laufen können. Aber wo stecken die Geheimniss­e, die aus dieser Kombinatio­n auf einmal wieder eine absolute Erfolgstru­ppe gemacht haben, die sogar Mercedes wirklich unter Druck setzen kann? Und welche Fehler der Silbernen machten es den Roten diesmal noch ein bisschen einfacher?

Von letzteren gab es diesmal einige. Es begann schon in der Startaufst­ellung. „Ein Stromgener­ator ging kaputt“, berichtete Mercedeste­amchef Toto Wolff. Das führte dazu, dass die Mechaniker die Reifen über die Heizdecken nicht genug aufwärmen konnten. Die Folge war ein falscher Reifendruc­k. Vettel konnte Bottas, der sich am Samstag überrasche­nd die erste Pole Position seiner Karriere gesichert hatte, ohne Probleme folgen, allerdings ihn nicht überholen.

Die Doppelführ­ung verspielte Mercedes bereits am Start. „Ich bin gut weggekomme­n, aber im zweiten Teil drehten die Räder durch. Mein Fehler“, gab Hamilton zu. Den nächsten machte der Brite dann, als er in der Safety-car-phase bei der Anfahrt zum Boxenstopp absichtlic­h deutlich zu langsam fuhr, um Daniel Ricciardo hinter sich zu halten. Ergebnis: Eine gerechtfer­tigte, aber völlig unnötige Fünf-sekunden-strafe, ohne die es am Ende noch einmal ganz, ganz eng geworden wäre. Und bei Bottas ging der Boxenstopp schief: „Wir hatten einen Leistungsv­erlust bei den Schlagschr­aubern“, so Wolff. Schuld war ein Stromausfa­ll. Die Hochleistu­ngsmaschin­en drehten zu langsam. Bottas verlor fast vier Sekunden und Vettel reihte sich als Erster hinter dem Safety Car ein. Im weiteren Verlauf versuchte Mercedes dann zwar noch, den Sieg zu retten, indem man den im Rennen deutlich schnellere­n Hamilton gleich zweimal per Teamorder an Bottas vorbei lotste, aber es reichte eben nicht mehr …

Umgekehrt läuft bei Ferrari im Moment alles fast perfekt: Schon seit Saisonbegi­nn betont der neue Wm-führende Vettel immer wieder: Das Geheimnis der großen Fortschrit­te, die man über den Winter gemacht habe, liege in Veränderun­gen in der inneren Struktur, „Dinge, die nach außen hin sicherlich gar nicht so auffallen.“Dafür sorgte vor allem der neue Technikche­f Mattia Binotto, den auch Niki Lauda kürzlich als das „Superhirn hinter der neuen Ferrari-stärke“bezeichnet­e. Die interne Sicherheit und Stabilität sorgt auch dafür, dass man bei Ferrari in kritischen Situatione­n nicht mehr in Panik gerät, dass die Strategiee­ntscheidun­gen im entscheide­nden Moment passen. Und wenn alles läuft, dann kommt auch noch ein bisschen Glück dazu. Selbst Vettel hatte in Bahrain be- fürchtet, dass die eigentlich sehr clevere Entscheidu­ng des frühen ersten Stopps durch das spätere Safety-car bestraft würde. Doch durch die Probleme beim Bottas-stopp reichte es für ihn dann doch noch, knapp vor den Mercedes zu bleiben.

Natürlich spielt auch Sebastian Vettel selbst eine große Rolle. Der ist entspannt und locker wie seit langem nicht mehr – und gerade dadurch wieder in Topform. Das diesjährig­e Auto passt optimal zu seinem Fahrstil, er kann es quasi spielerisc­h mit leichten Gasstößen um die Kurven herum dirigieren, so wie er das am liebsten macht. Und die Aussicht, bis zum Saisonende das Titel-

Internatio­nale Pressestim­men zum Vettel Triumph

Italien, La Stampa „Es ist eine WM der zwei Geschwindi­gkeiten: Vettel gegen Hamilton ist das Duell, das der Meistersch­aft gerecht wird, während Bottas Räikkönen die Konfrontat­ion zweier Wasserträg­er ist.“England, BBC „Das beste Rennen der Saison … unterstrei­cht einen we sentlichen Fakt – Ferrari ist absolut wettbewerb­sfähig und befindet sich mit Mercedes in einem gigantisch­en Kampf um die Meistersch­aft.“The Guardian „Das wird eine Schlacht duell gegen Lewis Hamilton ausfechten zu können, den er als den wohl fahrerisch stärksten Konkurrent­en im gesamten Feld einschätzt, beflügelt zusätzlich. Red-bull-motorsport-koordinato­r Dr. Helmut Marko, der Vettel ja aus den gemeinsame­n Jahren dort bestens kennt, tippt deshalb sogar schon jetzt auf Vettel als Weltmeiste­r: „Wenn Sebastian sich so wohlfühlt und weiß, dass er ein Auto hat, das ihm die Chance gibt, zu gewinnen, dann ist er fast unschlagba­r.“

Ein schnelles Auto ist die Basis des Ganzen. Die Konkurrenz studiert spätestens seit dem China-gp die Tv-aufnahmen des Ferrari. in dieser Saison – und anscheinen­d keine für Feiglinge.“Schweiz, Neue Zürcher Zeitung „Die Formel 1 macht wieder Spaß, seit Mercedes mit dem Ferrari Rennstall ei nen gleichwert­igen Gegner hat. Spanien, Mundo Deportivo „Sebasti an Vettel und Ferrari bringen jene Emotionen in die Formel 1 zurück, die ihnen in den vergangene­n Jahren gefehlt haben. Der Deutsche hat per fekt die konstanten Strategie Fehler von Mercedes ausgenutzt.“(dpa) Was ihnen dabei auffällt: Sehr viel Bewegung und Flexibilit­ät an einigen Teilen am Unterboden, am Heckflügel. Bei ersterem bewegt sich aber offenbar nicht das gesamte Teil, sondern nur ein vom eigentlich­en Boden durch einen Schlitz getrennter Windabweis­er. „Das dürfte legal sein“, sagt Marc Surer. „Ferrari hat wohl eine Reglementl­ücke clever ausgenutzt.“

Dazu kommt ein Heckflügel, der sich bei hohen Geschwindi­gkeiten nach hinten biegt und so Top-speed bringt. Aber über den sagt man sogar bei Mercedes: „Das ist eine clevere Lösung, aber garantiert legal. Der würde jeden Belastungs­test, so wie er vorgeschri­eben ist, bestehen.“Auch bei Red Bull startete Dr. Helmut Marko nur mal einen kurzen „Versuchsba­llon“mit Kritik in einem Tv-interview, betonte aber: „Die FIA ist die Polizei. Von uns aus kommt nichts“, versichert Marko. Vonseiten des Weltverban­des kam bisher auch nichts, keine Ankündigun­g spezifisch­er neuer Tests. Nur der grundsätzl­iche Hinweis an alle Teams, dass man die Autos jederzeit an jeder denkbaren Stelle testen könne. Sebastian Vettel amüsieren die Gerüchte und das Getuschel sowieso nur: „Ist doch ein Kompliment, wenn die anderen so genau hinschauen.“

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Foto: Andrej Isakovic, afp Mit ausgefalle­nen Tanzschrit­ten feierte Ferrari Pilot Sebastian Vettel seinen Sieg in Bahrain.

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