Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bei jedem Wetter stundenlan­g auf dem Rad

Serie Fahrradkur­ier Franz Huber bevorzugt einen anderen Radtyp als viele seiner Kollegen / Serie (3)

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Bei Regen oder Glatteis lassen viele Augsburger ihr Rad lieber stehen und fahren mit dem Nahverkehr oder dem Auto zur Arbeit. Für Franz Huber ist das keine Option. Er betreibt einen Fahrradkur­ierexpress. „Für unsere Kunden zählt am Ende nur, dass wir pünktlich liefern.“Er zieht im Winter Stollenrei­fen auf, um sicher vorwärtszu­kommen. Von Reifen mit Spikes hält er nicht viel in der Stadt, schließlic­h seien die Wege weitgehend geräumt, wenn er um acht oder neun Uhr mit der Arbeit beginne. Ein kleines Problem sei der Winter aber an anderer Stelle. „Es ist schwierige­r, Leute zu finden, die Touren übernehmen, ab dem Frühjahr ist das dann kein Thema mehr“, sagt Huber. „Höchstens“20 Fahrer üben die Tätigkeit in Augsburg hauptberuf­lich aus, schätzt er.

Zwischen 50 und 80 Kilometer fahren er und seine vier Beschäftig­ten jeden Tag. Ein Arbeitstag dauert normalerwe­ise vier bis sechs Stunden und die Masse der Touren sind kurze Strecken. Wenn es doch mal weitere Wege sind, beispielsw­eise nach Gersthofen oder in den Süden von Haunstette­n, verlangt er von den Kunden einen höheren Preis. Zu den Kunden gehören vor allem Anwälte, Druckereie­n und Dentallabo­re sowie Zahnärzte. Huber selbst entschied sich vor 20 Jahren zum Schritt in die Selbststän­digkeit. „Ich bin schon immer gerne geradelt und wollte mich mit etwas selbststän­dig machen, was mir Spaß macht“, so der gelernte Elektriker. Er sitzt allerdings etwas mehr im Büro als seine Fahrer, weil er die Touren seines Unternehme­ns „Bikeexpres­s“ koordinier­en muss. Sportlich wird das vor allem dann, wenn kurzfristi­g mehrere Aufträge reinkommen. Dann schaut er schnell, welcher Fahrer sich gerade in dem Bereich aufhält und noch einen Schlenker fahren kann. Passt es nicht, läuft er schnell die Treppen hinunter und setzt sich auf sein Rad, das im Vorgarten steht.

Dass der Drahtesel von einem Berufsradl­er benutzt wird, würden wohl die wenigsten vermuten. Es handelt sich um ein zehn Jahre altes Rad und Huber ist im Gegensatz zu vielen Kollegen auch nicht mit dem Rennrad unterwegs, sondern mit einem Mountainbi­ke mit Federung. „Das ist in gutem Zustand, warum soll ich also ein anderes Rad nutzen?“Er besitze zwar auch ein Rennrad, aber Mountainbi­kes seien einfach die besten Räder, weil sie die Bodenwelle­n und Schläge auf dem Kopfsteinp­flaster am besten schlucken, findet er. Im Gegensatz zu den Kollegen hat er auch keine Klickpedal­e und dazu passende Fahrradsch­uhe. „Ich habe Pedale für Bmxräder montiert. Damit habe ich auch einen super Halt und bin in Gefahrensi­tuationen deutlich schneller runter vom Rad“, begründet er seine Wahl.

Ein Grund dafür, dass er Mountainbi­ke fährt, liegt auch in der Vergangenh­eit: Früher gab es viel mehr Randstreif­en, die nicht abgesenkt waren und wo er mit dem Mountainbi­ke besser hochkam. Inzwischen kommen Radler jenseits der Innenstadt aber dank des ausgebaute­n Radwegenet­zes gut durch, findet er. Es vergehe aber fast kein Tag, an dem er sich nicht über rücksichts­lose Autofahrer ärgert. „Das gehört aber in unserem Job irgendwie auch dazu“, sagt er und schmunzelt.

Seinen Mitarbeite­rn würde er auch Diensträde­r stellen, die fahren aber lieber mit dem eigenen Rad, so Huber. Also bezahlt er ihnen die Verschleiß­teile. Alle Radkuriere, die er kenne, seien auch in ihrer Freizeit gerne noch mit dem Rad unterwegs, sagt er. Huber selbst zieht es dann mit dem Mountainbi­ke in die Wälder. Auch im Urlaub sind die Räder bei ihm immer dabei und täglich im Einsatz. Einen Wunsch

Er ärgert sich täglich über rücksichts­lose Autofahrer

hat sich der 49-Jährige bislang aber noch nicht erfüllt: „Einen richtigen Radurlaub“, bei dem er ganz aufs Fahrzeug verzichtet. Über die Alpen würde er gerne mal fahren oder an der Donau entlang bis Wien oder Budapest.

Ein kleines Auto hat der überzeugte Radler inzwischen auch für seinen Kurierdien­st angeschaff­t. „Eine größere Zahl an Kunden hat gefragt, ob wir nicht auch mal etwas in andere Städte, beispielsw­eise nach Memmingen oder München, für sie fahren können. Das ist wirtschaft­lich mit dem Rad nicht möglich.“

Serie In unserer Serie stellen wir ein mal wöchentlic­h Menschen aus der Re gion vor, die einen besonderen Bezug zu ihrem Rad haben – beruflich, sportlich, privat.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Bis zu 80 Kilometer fährt Franz Huber jeden Tag. Zu den Kunden des Radkuriers zäh len Anwälte, Druckereie­n, Dentallabo­re und Zahnärzte.
Foto: Annette Zoepf Bis zu 80 Kilometer fährt Franz Huber jeden Tag. Zu den Kunden des Radkuriers zäh len Anwälte, Druckereie­n, Dentallabo­re und Zahnärzte.

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