Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bei jedem Wetter stundenlang auf dem Rad
Serie Fahrradkurier Franz Huber bevorzugt einen anderen Radtyp als viele seiner Kollegen / Serie (3)
Bei Regen oder Glatteis lassen viele Augsburger ihr Rad lieber stehen und fahren mit dem Nahverkehr oder dem Auto zur Arbeit. Für Franz Huber ist das keine Option. Er betreibt einen Fahrradkurierexpress. „Für unsere Kunden zählt am Ende nur, dass wir pünktlich liefern.“Er zieht im Winter Stollenreifen auf, um sicher vorwärtszukommen. Von Reifen mit Spikes hält er nicht viel in der Stadt, schließlich seien die Wege weitgehend geräumt, wenn er um acht oder neun Uhr mit der Arbeit beginne. Ein kleines Problem sei der Winter aber an anderer Stelle. „Es ist schwieriger, Leute zu finden, die Touren übernehmen, ab dem Frühjahr ist das dann kein Thema mehr“, sagt Huber. „Höchstens“20 Fahrer üben die Tätigkeit in Augsburg hauptberuflich aus, schätzt er.
Zwischen 50 und 80 Kilometer fahren er und seine vier Beschäftigten jeden Tag. Ein Arbeitstag dauert normalerweise vier bis sechs Stunden und die Masse der Touren sind kurze Strecken. Wenn es doch mal weitere Wege sind, beispielsweise nach Gersthofen oder in den Süden von Haunstetten, verlangt er von den Kunden einen höheren Preis. Zu den Kunden gehören vor allem Anwälte, Druckereien und Dentallabore sowie Zahnärzte. Huber selbst entschied sich vor 20 Jahren zum Schritt in die Selbstständigkeit. „Ich bin schon immer gerne geradelt und wollte mich mit etwas selbstständig machen, was mir Spaß macht“, so der gelernte Elektriker. Er sitzt allerdings etwas mehr im Büro als seine Fahrer, weil er die Touren seines Unternehmens „Bikeexpress“ koordinieren muss. Sportlich wird das vor allem dann, wenn kurzfristig mehrere Aufträge reinkommen. Dann schaut er schnell, welcher Fahrer sich gerade in dem Bereich aufhält und noch einen Schlenker fahren kann. Passt es nicht, läuft er schnell die Treppen hinunter und setzt sich auf sein Rad, das im Vorgarten steht.
Dass der Drahtesel von einem Berufsradler benutzt wird, würden wohl die wenigsten vermuten. Es handelt sich um ein zehn Jahre altes Rad und Huber ist im Gegensatz zu vielen Kollegen auch nicht mit dem Rennrad unterwegs, sondern mit einem Mountainbike mit Federung. „Das ist in gutem Zustand, warum soll ich also ein anderes Rad nutzen?“Er besitze zwar auch ein Rennrad, aber Mountainbikes seien einfach die besten Räder, weil sie die Bodenwellen und Schläge auf dem Kopfsteinpflaster am besten schlucken, findet er. Im Gegensatz zu den Kollegen hat er auch keine Klickpedale und dazu passende Fahrradschuhe. „Ich habe Pedale für Bmxräder montiert. Damit habe ich auch einen super Halt und bin in Gefahrensituationen deutlich schneller runter vom Rad“, begründet er seine Wahl.
Ein Grund dafür, dass er Mountainbike fährt, liegt auch in der Vergangenheit: Früher gab es viel mehr Randstreifen, die nicht abgesenkt waren und wo er mit dem Mountainbike besser hochkam. Inzwischen kommen Radler jenseits der Innenstadt aber dank des ausgebauten Radwegenetzes gut durch, findet er. Es vergehe aber fast kein Tag, an dem er sich nicht über rücksichtslose Autofahrer ärgert. „Das gehört aber in unserem Job irgendwie auch dazu“, sagt er und schmunzelt.
Seinen Mitarbeitern würde er auch Diensträder stellen, die fahren aber lieber mit dem eigenen Rad, so Huber. Also bezahlt er ihnen die Verschleißteile. Alle Radkuriere, die er kenne, seien auch in ihrer Freizeit gerne noch mit dem Rad unterwegs, sagt er. Huber selbst zieht es dann mit dem Mountainbike in die Wälder. Auch im Urlaub sind die Räder bei ihm immer dabei und täglich im Einsatz. Einen Wunsch
Er ärgert sich täglich über rücksichtslose Autofahrer
hat sich der 49-Jährige bislang aber noch nicht erfüllt: „Einen richtigen Radurlaub“, bei dem er ganz aufs Fahrzeug verzichtet. Über die Alpen würde er gerne mal fahren oder an der Donau entlang bis Wien oder Budapest.
Ein kleines Auto hat der überzeugte Radler inzwischen auch für seinen Kurierdienst angeschafft. „Eine größere Zahl an Kunden hat gefragt, ob wir nicht auch mal etwas in andere Städte, beispielsweise nach Memmingen oder München, für sie fahren können. Das ist wirtschaftlich mit dem Rad nicht möglich.“
Serie In unserer Serie stellen wir ein mal wöchentlich Menschen aus der Re gion vor, die einen besonderen Bezug zu ihrem Rad haben – beruflich, sportlich, privat.