Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Er empfiehlt die besonderen Bücher
Serie Marius Müller schreibt seit vier Jahren den Literaturblog „Buch-haltung“. Mit Empfehlungen und Anregungen will der junge Büchereileiter seine Leser motivieren/ Serie (7)
Drei Bücher in der Woche, bis zu 200 im Jahr – Marius Müller liest gerne und viel. Seine Leidenschaft zieht sich bei ihm durch Beruf und Freizeit. Müller leitet die Stadtteilbücherei Göggingen. Seit rund vier Jahren schreibt der 26-Jährige in seiner privaten Zeit seinen Literaturblog „Buch-haltung“. Er weiß, dass es viele solcher Blogs im Internet gibt. Aber der Augsburger will sich mit seinem davon unterscheiden.
Noch ein Literaturblog in den Weiten des Netzes – ist das wirklich vonnöten? Ich finde ja, will dieser Blog doch Empfehlungen ohne Schubladendenken geben. Marius Müller unterteilt seinen Bücherblog in Kategorien, wie Kriminalroman, Literatur, Kurzgeschichten, Biografien oder Historischer Roman. „Es gibt überall Perlen“, findet der Diplom-bibliothekar. „Auch historische Romane müssen nicht zwangsläufig Schund sein.“Schubladendenken komme bei ihm und seinem Literaturblog dennoch nicht vor. Die Kategorien dienten lediglich der Übersicht. „Jeder Leser soll gleich Seines finden.“Klickzahlen stehen für Marius Müller nicht an erster Stelle. „Zahlen sind nicht alles.“Zwischen 40 bis 100 Mal am Tag besuchen Leser seine Homepage www.buch-haltung.com. Der 26-Jährige vermittelt im Gespräch auch den Eindruck, dass er sich über jeden Einzelnen freut. Er hat einfach Spaß am Bloggen „Es ist Luxus, das machen zu können, worauf man Lust hat.“Ähnlich ergeht es ihm beruflich. Frisch nach dem Studium und ohne Berufserfahrung hatte er bereits im Alter von 22 Jahren die Leitung der Gögginger Bücherei übernommen. Ein Glücksgriff, wie er sagt. In seinem Blog schreibt Müller über Literatur, die es sich seiner Meinung nach zu lesen lohnt. Wie etwa das Buch „Das kalte Blut“des Autors Chris Kraus. Erzählt wird uns die Geschichte in Form einer Lebensbeichte, die „Koja“gegenüber seinem Bettnachbarn in einem Münchner Krankenhaus 1974 ablegt. 1200 Seiten umfasst dieses Buch. Müller hatte es innerhalb von fünf Tagen fertig. „Ich lese jeden Tag ein bis zwei Stunden.“Das Buch „Das kalte Blut“hatte ihn begeistert. Deshalb stellte er es in seinem Blog vor. „Ich will gute Empfehlungen geben und die Menschen zum Lesen animieren.“Verrisse seien bei ihm deshalb eher selten zu finden. Der Blogger geht lieber darauf ein, was ein Buch ausmacht und was das Besondere an ihm ist. Begeistert war er etwa auch von „Das Labyrinth der Lichter“, geschrieben von Carlos Ruiz Zafón. Carlos Ruiz Zafón nimmt den Kriminalroman als Form ernst und zeigt auch die Gewalt und sadistischen Auswüchse, die unter Francos Regime an der Tagesordnung waren. Meuchelmörder schleichen durch das verwinkelte Barcelona, Folter wird im Buch mehr als einmal praktiziert und auch der Showdown im Friedhof der vergessenen Bücher hat es in sich.
Viele Werke, über die Marius Müller bloggt, sind natürlich auch in der Gögginger Bücherei zu finden. „Schon wegen meines Berufs muss ich über die Bücher informiert sein. Die Synergieeffekte kann ich wunderbar nutzen.“Wie der 26-Jährige den Lesestoff für seinen Blog auswählt? „Ich jage Verlagsvorschauen, die Spiegel-bestsellerliste und andere Blogs durch und stöbere in Buchhandlungen. An Stoff mangelt es nicht.“
Derzeit stehen bei ihm noch 15 Bücher daheim, die als Nächstes gelesen werden. Müller legt dennoch Wert darauf, dass sein Blog keine reine „Rezessionshalde“ist, wie er es nennt. Er will auf seiner Internetseite den Lesern eine bunte Mischung bieten.
Der Bibliothekar weist auf Veranstaltungen hin, wie unlängst den Literaturabend unserer Zeitung, zu dem Schriftsteller Wilhelm Genazino in die Augsburger Stadtbücherei kam. Müller bloggt von der Leipziger Buchmesse inklusive Bildergalerie oder macht sich Gedanken über dicke Bücher, die seiner Meinung nach wieder häufiger vorkommen. Erst war es Donna Tartts Distelfink, der sich in den Buchregalen niederließ – dann fand noch Eleanor Catton mit ihren Gestirnen den Weg in mein Buchregal – und nun werden es immer mehr und mehr ... Hiermit rufe ich die Zeit der dicken Bücher aus! Wenn es sich anbietet, fordert er seine Leser auch zu Diskussionen auf. ihr zu dicken Büchern? Muss oder eher Qual? Durch solche Fragen motiviert Müller seine Fans zum Austausch untereinander. Eine Leserin, die sich Fräulein Julia nennt, schreibt, dass dicke Bücher für sie im Studium ein Gräuel waren. Inzwischen aber schätze sie die Wälzer, weil sie darin für lange Zeit eintauchen könne. „Es ist zweitrangig, ob ein Buch dick oder schmal daherkommt; Hauptsache es ist gut“, findet der Leser namens Jochen. Marius Müller freut sich über solches Feedback. So wie er sich an seinem Blog und an seiner Arbeit erfreut. Bücher sind eben seine große Leidenschaft.
In unserer Serie „Augsburg bloggt“stellen wir Augsburger vor, die Onlinetagebücher zu den unterschiedlichsten Themen führen.
Internet: Den Literaturblog von Mari us Müller finden Sie unter www.buch haltung.com.