Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Predigt gegen Götzen
HIER SAGEN SIE IHRE MEINUNG Zu unserem Artikel „Wo ein Prediger den Aufstand auslöste“vom 11. April: Sehr schön, dass in der Folge „Luther in Augsburg“nicht nur von Luther die Rede ist, sondern die Vielseitigkeit der Reformation sichtbar wird. Unumgänglich muss dann der engagierte reformierte Prediger Michael Keller erwähnt werden. Der Zwinglianer war wegen seiner schlichten und eindringlichen Predigtweise bei den Unterschichten sehr beliebt. Ihm ging es vor allem um die Bildung einer neuen Gemeindereligiosität entsprechend dem biblischen Zeugnis. In diesem Zusammenhang sind seine Symbolhandlungen (Zertrümmerung eines Kruzifixes, Begräbnis von Priestergewändern) zu verstehen. Das waren keine inhaltsleeren Provokationen, sondern Demonstrationen gegen den Götzendienst in der Kirche. Der liegt nach gemeinreformatorischer Anschauung vor, wenn Gegenstände des Frömmigkeitsgebrauches einen sakramentalen Eigenwert bekommen, d.h. quasi selber heilig werden und dann von dem Vergebung und Erlösung zusprechenden Predigtwort ablenken. Die Aktionen von Keller liegen ganz und gar in der Stoßrichtung der Reformation. Vielleicht sagt es ja etwas über die Toleranzschwelle unserer toleranten Kultur aus, wenn wir darin nur noch unsinnige Provokationen zu sehen vermögen. Klaus Peter Lehmann, Augsburg