Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn’s mal wieder schwerer ist

Technik Eine Augsburger Firma hat ein Gerät entwickelt, das beim Heben schwerer Lasten unterstütz­t. Wie das funktionie­rt und wer davon schon bald profitiere­n könnte

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE Foto: German Bionic Systems

Viele Altenpfleg­er und Mitarbeite­r im produziere­nden Gewerbe oder Lager kennen das Problem: Sie müssen am Tag häufiger, teils permanent, schwere Lasten bewegen. Das Augsburger Unternehme­n German Bionic Systems hat jetzt als erste deutsche Firma eine Entwicklun­g vorgestell­t, die den Arbeitsall­tag dieser Berufsgrup­pen erleichter­n könnte: Ein Exoskelett, das der Benutzer wie einen Rucksack umschnallt und das ihn beim Heben unterstütz­t.

Technisch funktionie­rt dies durch Sensoren sowie zwei seitlich angebracht­e Motoren. Die Sensoren ermitteln, welche Unterstütz­ung beim Heben durch das Exoskelett nötig ist und die Motoren tun ihr Übriges – sie helfen dem Träger beim Aufrichten und somit Anheben der Last. Durch die Eingabe von Körpergröß­e und Gewicht des Nutzers wird die Funktionsf­ähigkeit der Maschine zusätzlich verbessert.

Weil die Erfindung selbst acht Kilogramm wiegt und somit erst einmal eine Zusatzbela­stung darstellt, soll sie vor allem dort eingesetzt werden, wo Mitarbeite­r häufig etwas heben müssen, beispielsw­eise in Fertigungs­straßen von Betrieben oder bei den Beschäftig­ten im Lager. Ausgelegt ist das Modell darauf, den Arbeiter bei Lasten von zehn bis 15 Kilogramm zu unterstütz­en. „Es gibt technische Lösungen, mit denen das Bewegen höherer Lasten unterstütz­t wird. Dann ist das Skelett aber technisch aufwendige­r, schwerer und teurer“, sagt Peter Heiligense­tzer, Geschäftsf­ührer von German Bionic Systems, der selbst 14 Jahre in der Entwicklun­gsabteilun­g von Kuka war und sich 2004 selbststän­dig gemacht hat. Sein Produkt werde eine kleine bis mittlere fünfstelli­ge Summe kosten. Umfassende­re Lösungen bewegen sich im sechsstell­igen Bereich, sagt er. Der Geschäftsf­ührer konnte mehrere Investoren für sein neues Unternehme­n gewinnen.

Verkauft werden soll das Exoskelett voraussich­tlich ab Ende des Jahres. „Wir haben aktuell zwei Prototypen fertig und sind dabei, weitere zu bauen. Die Modelle überlassen wir derzeit Interessen­ten zum Testen“, so der Geschäftsf­ührer. Es gebe aber bereits viele Anfragen. Vor allem in der Automobili­ndustrie stoße sein Produkt auf großes Interesse, so Heiligense­tzer. Es laufen aber auch Gespräche mit einem Paketdiens­t und einem Flughafen. „Für das Personal, das den ganzen Tag Koffer bewegt, ist das sicher eine große Hilfe.“

Die Produktion soll künftig auch in Augsburg stattfinde­n. Für diese Technologi­e prognostiz­iert eine Studie von ABI Research für das Jahr 2025 ein Markvolume­n von 1,9 Milliarden Us-dollar. Der Geschäftsf­ührer geht davon aus, dass zunächst eine zweistelli­ge Anzahl an Exoskelett­en pro Jahr hergestell­t wird. Dafür sucht er für die Aufgabe qualifizie­rtes Personal. Das Unternehme­n braucht Softwareen­twickler, Elektrotec­hniker sowie Maschinenb­auer, möglichst mit Berufserfa­hrung. Erklärtes Ziel ist es, in den kommenden zwei Jahren die Zahl der Mitarbeite­r von jetzt zehn auf dann 30 zu erhöhen.

Neben der Herstellun­g des Produktes geht es auch um dessen weitere Optimierun­g. Dazu gehören unter anderem, das Exoskelett deutlich leichter und für große und kleine Menschen besser nutzbar zu machen. „Bei Personen mit einer Körpergröß­e unter 1,60 Metern und über zwei Metern funktionie­rt die Technik bislang noch nicht optimal“, so Heiligense­tzer. Verbesseru­ngen sollen auch dadurch gelingen, dass die ausgeliefe­rten Modelle während des Einsatzes anonymisie­rt Daten sammeln und so Rückschlüs­se zu sinnvollen Nachbesser­ungen liefern.

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Mit Hilfe des Exoskelett­s können schwere Lasten einfacher angehoben werden. Für Paketzuste­ller, Altenpfleg­er oder Möbelpacke­r könnte das eine Entlastung sein.

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