Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wenn’s mal wieder schwerer ist
Technik Eine Augsburger Firma hat ein Gerät entwickelt, das beim Heben schwerer Lasten unterstützt. Wie das funktioniert und wer davon schon bald profitieren könnte
Viele Altenpfleger und Mitarbeiter im produzierenden Gewerbe oder Lager kennen das Problem: Sie müssen am Tag häufiger, teils permanent, schwere Lasten bewegen. Das Augsburger Unternehmen German Bionic Systems hat jetzt als erste deutsche Firma eine Entwicklung vorgestellt, die den Arbeitsalltag dieser Berufsgruppen erleichtern könnte: Ein Exoskelett, das der Benutzer wie einen Rucksack umschnallt und das ihn beim Heben unterstützt.
Technisch funktioniert dies durch Sensoren sowie zwei seitlich angebrachte Motoren. Die Sensoren ermitteln, welche Unterstützung beim Heben durch das Exoskelett nötig ist und die Motoren tun ihr Übriges – sie helfen dem Träger beim Aufrichten und somit Anheben der Last. Durch die Eingabe von Körpergröße und Gewicht des Nutzers wird die Funktionsfähigkeit der Maschine zusätzlich verbessert.
Weil die Erfindung selbst acht Kilogramm wiegt und somit erst einmal eine Zusatzbelastung darstellt, soll sie vor allem dort eingesetzt werden, wo Mitarbeiter häufig etwas heben müssen, beispielsweise in Fertigungsstraßen von Betrieben oder bei den Beschäftigten im Lager. Ausgelegt ist das Modell darauf, den Arbeiter bei Lasten von zehn bis 15 Kilogramm zu unterstützen. „Es gibt technische Lösungen, mit denen das Bewegen höherer Lasten unterstützt wird. Dann ist das Skelett aber technisch aufwendiger, schwerer und teurer“, sagt Peter Heiligensetzer, Geschäftsführer von German Bionic Systems, der selbst 14 Jahre in der Entwicklungsabteilung von Kuka war und sich 2004 selbstständig gemacht hat. Sein Produkt werde eine kleine bis mittlere fünfstellige Summe kosten. Umfassendere Lösungen bewegen sich im sechsstelligen Bereich, sagt er. Der Geschäftsführer konnte mehrere Investoren für sein neues Unternehmen gewinnen.
Verkauft werden soll das Exoskelett voraussichtlich ab Ende des Jahres. „Wir haben aktuell zwei Prototypen fertig und sind dabei, weitere zu bauen. Die Modelle überlassen wir derzeit Interessenten zum Testen“, so der Geschäftsführer. Es gebe aber bereits viele Anfragen. Vor allem in der Automobilindustrie stoße sein Produkt auf großes Interesse, so Heiligensetzer. Es laufen aber auch Gespräche mit einem Paketdienst und einem Flughafen. „Für das Personal, das den ganzen Tag Koffer bewegt, ist das sicher eine große Hilfe.“
Die Produktion soll künftig auch in Augsburg stattfinden. Für diese Technologie prognostiziert eine Studie von ABI Research für das Jahr 2025 ein Markvolumen von 1,9 Milliarden Us-dollar. Der Geschäftsführer geht davon aus, dass zunächst eine zweistellige Anzahl an Exoskeletten pro Jahr hergestellt wird. Dafür sucht er für die Aufgabe qualifiziertes Personal. Das Unternehmen braucht Softwareentwickler, Elektrotechniker sowie Maschinenbauer, möglichst mit Berufserfahrung. Erklärtes Ziel ist es, in den kommenden zwei Jahren die Zahl der Mitarbeiter von jetzt zehn auf dann 30 zu erhöhen.
Neben der Herstellung des Produktes geht es auch um dessen weitere Optimierung. Dazu gehören unter anderem, das Exoskelett deutlich leichter und für große und kleine Menschen besser nutzbar zu machen. „Bei Personen mit einer Körpergröße unter 1,60 Metern und über zwei Metern funktioniert die Technik bislang noch nicht optimal“, so Heiligensetzer. Verbesserungen sollen auch dadurch gelingen, dass die ausgelieferten Modelle während des Einsatzes anonymisiert Daten sammeln und so Rückschlüsse zu sinnvollen Nachbesserungen liefern.