Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie frei dürfen sich Kinder bewegen?
Justiz Ein Kleinkind läuft in einem Supermarkt umher, eine Seniorin kommt zu Fall. Muss der Vater Schmerzensgeld bezahlen?
Kinder können einen ausgeprägten Bewegungsdrang haben. Ein dreijähriges Mädchen wollte an der Kasse eines Supermarktes in Augsburg nicht mehr im Einkaufswagen sitzen. Wie das Augsburger Amtsgericht nun berichtet, ließ es der Vater laufen. Was genau dann passierte, konnte im Zivilprozess nicht mehr aufgeklärt werden. Jedenfalls kam eine 75 Jahre alte Rentnerin zu Fall.
Sie behauptete, sie wollte noch eine Zeitung holen und das Kind sei ihr von hinten in die Beine gelaufen. Die Frau erlitt einen mehrfachen Bruch am Oberarm und prellte sich die Rippen. Sie klagte über monatelange Schmerzen. Noch immer habe sie Probleme beim Heben und Tragen. Überdies musste sie auch ihre drei Wochen später geplante Feier der Goldenen Hochzeit absagen.
Deshalb wollte die Frau vom Vater des Mädchens ein Schmerzensgeld in Höhe von 5000 Euro und verklagte ihn vor dem Amtsgericht. Ihrer Meinung nach hatte dieser seine Aufsichtspflicht verletzt und hätte dafür sorgen müssen, dass sein Kind bei ihm bleibt.
Das Gericht wies die Schmerzensgeldklage nun ab. Nach der Beweisaufnahme gab es demnach keine Anhaltspunkte für eine Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht. Das Gericht hielt es nicht für ausgeschlossen, dass die Frau selbst das Kind übersehen hatte und darüber stolperte. Ein dreijähriges Kind darf sich frei im Supermarkt bewegen, soweit es in Sicht- und Hörweite der Eltern bleibt, heißt es vom Gericht. Es könne weder den Eltern noch dem Kind zugemutet werden, dass es den ganzen Einkauf über im Wagen festgehalten oder an der Hand geführt werde. Dass es in einem Ausnahmefall wie diesem zu so schweren Verletzungen komme, sei unglücklichen Umständen zuzuschreiben. Das Urteil ist rechtskräftig.