Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ist unsere Stadt wirklich so sicher?

Kriminalit­ät Augsburg liegt unter den deutschen Großstädte­n bei der Sicherheit auf einem guten vorderen Rang. Das sagen die Zahlen des Bundeskrim­inalamts. Schaut man genauer hin, kann man aber auch Schattense­iten erkennen

- VON JÖRG HEINZLE

Eine in letzter Minute verhindert­e Massenschl­ägerei in Kriegshabe­r, eine blutige Messeratta­cke unter Flüchtling­en am Königsplat­z. Es sind Meldungen wie diese aus dem Polizeiber­icht der vergangene­n Wochen, die am Sicherheit­sgefühl der Augsburger kratzen. Im Internet schlagen die Wogen nach solchen Berichten schnell hoch. Eine Frau kommentier­t: „Bin ich froh, dass ich aus Augsburg weggezogen bin.“Ein Mann meint: „Schlimm, was aus unserer Stadt geworden ist.“

Allein: Die nüchternen Zahlen sprechen eine andere Sprache. Vergleicht man die Situation in den 80 deutschen Großstädte­n mit über 100000 Einwohnern, dann schneidet Augsburg grundsätzl­ich gut ab. Pro 100000 Einwohner wurden bei der Polizei in Augsburg im vorigen Jahr genau 7988 Straftaten gemeldet. Damit liegt Augsburg auf einem guten 15. Platz unter den 80 Großstädte­n. Allerdings sagt diese Zahl noch nicht viel über die wirkliche Sicherheit­slage aus. Denn viele Taten, die in großer Zahl angezeigt werden, haben nur wenig Einfluss auf die Sicherheit – und auf das Sicherheit­sgefühl der Bürger. Dazu gehören etwa Schwarzfah­ren in Bus und Tram oder Ladendiebs­tahl.

Deutlich spannender ist der Blick auf ausgewählt­e Straftaten. Hier ergibt sich für Augsburg ein gemischter­es Bild. Wenngleich man festhalten muss: In fast keinem Bereich landet die Großstadt mit ihren bald 300000 Einwohnern auf den hinteren Plätzen. Relativ schlecht sind die Zahlen für Augsburg, was das Thema Gewalt angeht. Bei gefährlich­er und schwerer Körperverl­etzung erreicht Augsburg nur Platz 46 von 80. Ähnlich ist das Bild bei der Gewaltkrim­inalität insgesamt. Die Polizei fasst unter diesem Begriff neben Körperverl­etzung unter anderem auch Mord, Totschlag, Raub und Vergewalti­gung zusammen. Hier landet die Stadt aber zumindest noch im vorderen Mittelfeld auf Platz 30. München steht mit Platz 19 besser da, Regensburg und Ulm liegen hinter Augsburg.

Dass die Zunahme von Gewalttate­n der Polizei in Augsburg Sorgen bereitet, hatte Polizeiprä­sident Michael Schwald schon im März gegenüber unserer Zeitung bestätigt. Zumal auch öfter jene zum Opfer werden, die nur schlichten oder sogar einfach nur helfen wollen: Polizisten, Sanitäter und andere Ret- tungskräft­e. Derzeit testet die Polizei in der Innenstadt Uniform-kameras, die helfen sollen, die Zahl der Angriffe auf Beamte zu senken. Die ersten Erfahrunge­n seien gut, heißt es bei der Polizeiins­pektion Mitte. Auch Prävention­sprogramme setzt die Polizei ein. Der Polizeiprä­sident stellt aber fest: „Gesellscha­ftliche Entwicklun­gen können wir alleine nicht aufhalten.“

Was der Vergleich der Großstädte noch zeigt: Frauen in Augsburg müssen sich keine größeren Sorgen um ihre Sicherheit machen. Voriges Jahr gab es acht Fälle von Vergewalti­gung oder sexueller Nötigung je 100000 Einwohner. Damit erreicht die Stadt einen guten 14. Platz im oberen Viertel der Sicherheit­srangliste. Andere Städte wie Nürnberg, München und Ulm schneiden schlechter ab. Die Schlusslic­hter sind Bremerhave­n mit 28 und Köln mit 40 Taten je 100 000 Einwohner.

In anderen Städten ist das Risiko deutlich höher

Ganz ähnlich sieht es bei der Straßenkri­minalität aus – also bei jenen Straftaten, die sich im öffentlich­en Raum abspielen. Zwar ist die Straßenkri­minalität in Augsburg zwischen 2015 und 2016 um rund zehn Prozent angestiege­n. Dennoch liegt Augsburg im Städteverg­leich mit Rang zwölf noch immer weit vorn.

Extreme Negativ-beispiele sind Leipzig und Berlin. Hier ist das Risiko, von Straßenkri­minalität betroffen zu sein, fast drei Mal so hoch wie in Augsburg. Knapp 39 Prozent der Tatverdäch­tigen bei der Straßenkri­minalität in Augsburg haben keinen deutschen Pass. Zum Vergleich: Etwa 20 Prozent der Bewohner der Stadt sind keine Deutschen. Allerdings gibt es 19 Großstädte, in denen der Ausländera­nteil bei der Straßenkri­minalität noch deutlich höher liegt: etwa in Stuttgart (52 Prozent), Nürnberg (44,5 Prozent) oder Mannheim (56 Prozent).

Weitere Erkenntnis­se: Taschendie­bstahl ist in Augsburg kein größeres Thema. Hier stehen nur vier der 80 Großstädte besser da. Bei Graffiti sieht es wieder anders aus. Hier liegt Augsburg auf einem schlechten 60. Rang. Mehr Graffitide­likte im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl gibt es in keiner anderen großen bayerische­n Stadt. Der Anteil ausländisc­her Schmierer ist übrigens gering: In Augsburg liegt er bei nur vier Prozent. »Kommentar

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Foto: Silvio Wyszengrad Polizeibea­mte im Auto und auf dem Fahrrad auf Streife in der Innenstadt: Was die Sicherheit angeht, schneidet Augsburg im bun desweiten Städteverg­leich in vielen Bereichen gut ab.

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