Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
So dürfen Vereine feiern
Feste Wie war das noch mit der Allergenverordnung? Damit Ehrenamtliche im Dschungel der Bürokratie nicht alleine dastehen, gibt die Staatskanzlei einen Leitfaden für Vereinsfeiern aus
München Komplizierte Regelungen, persönliche Haftbarkeit und undurchsichtige Bürokratie. Das sind nach Meinung des Staatskanzleiministers Marcel Huber Gründe, weshalb in Bayern immer weniger Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Eine Gefahr für das Fortbestehen der Vereine. Und was wäre der Freistaat ohne diese Ehrenamtlichen? „Das wäre nicht mehr Bayern“, sagt Huber. Marianne Hinterbrandner, Vorsitzende des altbayrisch-schwäbischen Gauverbandes, sieht die Probleme ebenfalls: „Die Vorschriften sind für die Vorsitzenden oft nicht verständlich und auch nicht durchführbar.“
Deshalb will der Minister für mehr Durchblick im Paragrafendschungel sorgen. Im Rahmen seines „Bürokratieabbaus im Ehrenamt“hat er in der Staatskanzlei einen Leitfaden für Vereinsfeiern vorgestellt. Die 40-seitige Broschüre soll Fragen von Ehrenamtlichen beantworten, die ein Fest oder eine ähnliche Aktion organisieren.
Beispielsweise einen Kuchenstand auf einem Pfarrfest. Gab es da nicht eine Reglung, die besagt, dass man Inhaltsstoffe, die Allergien hervorrufen können, kennzeichnen Das ist schwierig, wenn die Kuchen von Gemeindemitgliedern gespendet wurden.
Ein Blick in den Leitfaden hilft. Auf Seite 34 geht es um die Allergenkennzeichnung. Dort steht: Wenn Privatpersonen bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung Lebensmittel verkaufen, „fällt das nicht in den Anwendungsbereich der Lebensmittelinformationsverordnung“. Weil das immer noch Behördendeutsch ist, heißt es darunter konkret, dass es in diesem Fall nicht verpflichtend ist, Stoffe, die möglicherweise Allergien auslösen, zu kennzeichnen. „Diese Pflicht richtet sich allein an Lebensmittelunternehmer.“
Eine weitere Frage aus der Praxis: Bei einem Fest wird Alkohol ausgeschenkt. Was muss der Veranstalter beachten? Das kommt darauf an, ob er die Absicht hat, einen Gewinn zu erzielen, so steht es auf Seite 15. Wer etwa Bier zum Selbstkostenpreis verkauft, braucht keine sogenannte Gestattung, die die Gemeinde ausstellen müsste. Die ist nötig, wenn Gewinn erzielt werden soll und es einen besonderen Anlass für den Alkoholverkauf gibt. Ein Vereinsfest ist so ein Anlass. Ohne besonderen Anlass ist die Kreisverwaltungsbehörde für eine gaststättenrechtliche Erlaubnis zuständig.
Kompliziert wird es, wenn Ehrenamtliche die Vereinskasse durch eine Tombola aufbessern wollen. Dafür wäre eigentlich eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nötig – bei Vereinsfesten greifen aber normamuss? Symbolfoto: imago lerweise Erleichterungen. Kleine Verlosungen kann dann die Gemeinde genehmigen. Hier will Marcel Huber auch am Gesetz schrauben. „Wir wollen Lotterien bis 650 Euro komplett genehmigungsfrei machen“, sagt der Minister. Ein Gesamtpreis der Lose von mehr als 650 Euro ist bereits die Grenze, ab der Vereine ihre Tombola dem Finanzamt melden müssen.
Die Vorstellung des Leitfadens hat selbst den Charakter eines Vereinsfestes. In der Staatskanzlei stehen Bierbankgarnituren mit weißblauen Tischdecken. Es gibt Bier und Brezen, die Weißwürste landen während der Rede des Ministers im Wasser. Auf den Bänken sitzen Menschen in Tracht. Denn die Staatskanzlei hat sich für ihre Leitlinien Hilfe bei den Vereinen geholt. Zu Gast sind deshalb Mitglieder des Bayerischen Trachtenvereines und des Gauverbandes der Burschenund Arbeitervereine Chiemgau und Rupertiwinkel. Dessen Vorsitzender, Georg Daxenberger, hatte Huber bei einem Gaufest 2014 angesprochen und von den Problemen berichtet, die Vereine mit bürokratischen Regelungen haben. Doch als Initiator sieht er sich nicht. Er sagt: „Der eigentliche Initiator ist die Bürokratisierung selbst.“»Kommentar