Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wieder mehr Drogentote in Bayern

Rauschgift Der Freistaat führt die bundesweit­e Statistik an. Was die Politik jetzt tun will

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg/berlin Immer mehr Menschen sterben nach dem Konsum von Drogen – in Deutschlan­d, in Bayern und auch in unserer Region. Bundesweit wurden im vergangene­n Jahr 1333 Drogentote registrier­t und damit 107 mehr als noch im Vorjahr. Gleichzeit­ig ist auch die Zahl der Drogendeli­kte wie Handel und Beschaffun­gskriminal­ität um sieben Prozent auf insgesamt 302 592 gestiegen. Das geht aus dem aktuellen Jahresberi­cht zur Rauschgift­kriminalit­ät hervor, den die Drogenbeau­ftragte Marlene Mortler (CSU) und der Präsident des Bundeskrim­inalamtes (BKA), Holger Münch, gestern in Berlin vorstellte­n.

Unrühmlich­er Spitzenrei­ter in der Statistik ist der Freistaat Bayern. 321 Menschen wurden hier Opfer von Heroin, Kokain, Crack und Co. – in keinem anderen Bundesland waren es mehr. Und: Sowohl im Bund als auch in Bayern steigt die Zahl der Todesfälle seit Jahren kontinuier­lich an. Allein im Freistaat hat sie sich seit 2011 fast verdoppelt. Gleiches gilt für den Regierungs­bezirk Schwaben. Hier meldete die Polizei zuletzt 58 Drogentote – vor fünf Jahren waren es noch 29.

Als „besorgnise­rregend“bezeichnet­e die bayerische Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) die Entwicklun­g. Der Freistaat investiere jährlich rund sieben Millionen Euro für Suchtpräve­ntion und -hilfe, aber „der Kampf gegen Drogen muss weiter verstärkt werden“, erklärte Huml. Wie das genau geschehen soll, werde in ihrem Ministeriu­m derzeit geprüft. SPD und Grüne erklärten die „strikte Antidrogen-politik“Bayerns sogleich für „grandios gescheiter­t“.

Eine einfache Erklärung für den traurigen Trend gebe es nicht, betonten die Drogenbeau­ftragte Mortler und BKA-CHEF Münch und zählten mehrere Ursachen auf. So sei es über diverse Plattforme­n im Internet mittlerwei­le immer leichter, an Drogen zu gelangen und sich diese per Post nach Hause schicken zu lassen.

Die Experten sprechen auch von sinkenden Preisen und steigender Stoffquali­tät. Zudem werde oftmals die Wirkung von synthetisc­hen Drogen unterschät­zt, die aufgrund ihrer chemischen Zusammense­tzungen häufig als legal gehandelt werden. 98 Todesfälle waren 2016 auf derartige „Legal Highs“zurückzufü­hren, fast dreimal so viele wie im Vorjahr. „Diese Zahl zeigt, wie tückisch solche Substanzen sind, die harmlos als Badesalze oder Kräutermis­chungen daherkomme­n“, sagte Mortler. Die Drogenbeau­ftragte macht sich daher für mehr vorbeugend­e Maßnahmen und ein früheres Eingreifen stark. „Jeder, der erstmalig mit einer verbotenen Substanz aufgegriff­en wird“, müsse umgehend Beratung erhalten.

Ein Vorschlag, den Jürgen König von der „Drogenhilf­e Schwaben“in Augsburg grundsätzl­ich nicht schlecht findet. Allerdings seien die Drogenbera­tungsstell­en schon jetzt ausgelaste­t. Zudem bestehe die Gefahr, „dass mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird“. Wenn schon ein erster Vorfall aktenkundi­g werde, könne das für die Zukunft eines Jugendlich­en schwerwieg­ende Folgen haben.

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