Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Kanzlerin ist wieder obenauf
Leitartikel Nach den Cdu-wahlerfolgen ist der Höhenflug des Spd-herausforderers Martin Schulz beendet. Im Endspiel um die Macht liegt Angela Merkel klar vorn
Es stehe nun 1:0 für die CDU, hat Spd-kanzlerkandidat Martin Schulz nach der krachenden Niederlage im Saarland gesagt – und den Ausgleichstreffer bei der Partie in Schleswig-holstein angekündigt. Nun ja, daraus ist nichts geworden. Es steht 0:2. Und wenn die SPD nächsten Sonntag auch in ihrer Hochburg Nordrhein-westfalen Schiffbruch erleiden sollte, dann ginge die Partei mit drei Toren Rückstand in das Endspiel ums Kanzleramt. Auch ein 0:3 lässt sich noch aufholen. Es ist also nichts entschieden, zumal Landtagswahlen ihre eigenen Gesetze haben. Aber eines lässt sich nach den Spd-schlappen zweifelsfrei sagen: Der Schwung ist raus aus der „Merkel-muss-weg“-kampagne, der Höhenflug des Kandidaten Schulz beendet. Dem aus Europa eingeflogenen, zum Heilsbringer hochgeredeten Herausforderer ist das unwiderstehlich scheinende Momentum abhandengekommen.
In den bundesweiten Umfragen steht die SPD mit ihrem neuen alten Mann noch deutlich besser da als zu Zeiten Sigmar Gabriels. Doch die Union, die vorübergehend ihren hohen Vorsprung eingebüßt hatte, ist wieder obenauf. Schulz braucht einen glanzvollen Sieg in Nordrhein-westfalen, um ein neues kleines Feuerwerk abbrennen zu können. Ministerpräsidentin Kraft nutzt ihren Amtsbonus besser als ihr Kieler Genosse Albig, der sich gegen einen Nobody namens Daniel Günther nicht behaupten konnte und – erstmals wieder nach zwölf Jahren! – ein Ministerpräsidentenamt der SPD an die CDU verliert. Ob der bundespolitische Nrw-stimmungstest die Stimmung in der SPD wieder merklich aufhellen kann? Wohl kaum. Die SPD muss schon froh sein, wenn sich Hannelore Kraft gegen einen mittelmäßigen Herausforderer mit Müh und Not ins Ziel rettet.
Weder in Saarbrücken noch in Kiel standen Angela Merkel und Martin Schulz zur Wahl. Trotzdem spielte hier wie dort die politische Großwetterlage mit hinein. So besehen, ist Schulz der Verlierer und Merkel die Siegerin. Die Kanzlerin hat ihr Tief überwunden, den Schulz-hype cool ausgesessen und mit einer Korrektur ihrer Flüchtlingspolitik dafür gesorgt, dass die Bäume der rechten AFD nicht in den Himmel wachsen. Eine sehr große Mehrheit der Bürger fühlt sich laut einer aktuellen Umfrage bei Merkel in diesen unruhigen Zeiten „gut aufgehoben“. Sie verkörpert nach zwölf Jahren im Amt Verlässlichkeit und Stabilität. Das ist ihr stärkster Trumpf, der im Wahlkampf stechen dürfte. Der Kieler Cdu-wahlerfolg beweist: Mit Merkel hat die Union gute Chancen, im September stärkste Partei zu bleiben und das Kanzleramt zu verteidigen – sei es in einer Großen Koalition, sei es in einem Bündnis mit den Grünen und/oder der FDP. Schulz hingegen steht nun, da Merkel in der Gunst des Publikums wieder davonzieht, vor einem eminenten strategischen Problem.
Kanzler einer Groko kann er nur werden, wenn die SPD die Union überflügelt – was zur Stunde unrealistisch anmutet. Bleibt die rotrot-grüne Option, die kein populäres Projekt ist und der Union viel Wahlkampfmunition liefert. Erst flirtete Schulz mit der Linkspartei, dann offerierte er der FDP eine „Ampel“. Was nun? Es ist völlig unklar, mit wem er eine Kanzlermehrheit zustande bringen will.
Der Schulz-effekt hat stark nachgelassen. Nicht nur wegen Merkel, dem 0:2-Rückstand und der fehlenden Machtperspektive. Sondern auch, weil der Kandidat inhaltlich noch zu wenig bietet. Man wüsste nun langsam gern, wohin genau Schulz das Land führen will. Mit populistischen Sprüchen, ein paar teuren Wahlversprechen und der ständigen „Ich will Kanzler werden“-beschwörungsformel allein ist Merkel nicht zu besiegen.
Die meisten Bürger fühlen sich „gut aufgehoben“