Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Brüssel hofft auf Reformen in Paris

Europa In der Eu-zentrale ist die Erleichter­ung groß. Doch es wird davor gewarnt, die Hände in den Schoß zu legen Kommentar

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Europa ist erleichter­t. Schon am späten Sonntagabe­nd schrieb Kommission­spräsident Jean-claude Juncker an Emmanuel Macron, er sei „glücklich, dass die Franzosen sich für eine europäisch­e Perspektiv­e entschiede­n“hätten.

In Brüssel hofft man auf den neuen Mann in Paris, auf seine ersten europäisch­en Initiative­n, die man bei dem scheidende­n Amtsinhabe­r so sehr vermisste. Frankreich­s stete Überschuld­ung, die grassieren­de Arbeitslos­igkeit, die aus Eu-sicht viel zu zögerliche­n Reformen – all das soll Macron nun richten.

Doch der wird auch mit eigenen Plänen Europa umbauen wollen. Dass er mit einer besser formierten Währungsun­ion liebäugelt, die einen Euro-finanzmini­ster und ein Budget bekommt, gefällt nicht allen.

„Ich bin davon überzeugt: Wir erleben in Europa den Anfang vom Ende der Kräfte am rechten Rand“, betonte Parlaments­präsident Antonio Tajani gestern und traf damit die Stimmung in Brüssel. Nach den österreich­ischen Präsidents­chaftswahl­en, bei denen der ehemalige Grünen-chef Alexander van der Bellen gewann, und dem Sieg der amtierende­n Regierung in den Niederland­en blieben in Frankreich zum dritten Mal bei einem wichtigen Votum die Populisten ohne erkennbare­n Zuwachs oder Erfolg. Dass Deutschlan­d ist bekannt. Das mit einer nächsten Regierung unter der Cdu-kanzlerin Angela Merkel oder Spd-herausford­erer Martin Schulz europapoli­tisch verlässlic­h bleibt, erscheint absehbar. Die EU kann offenbar durchatmen.

Doch genau das sehen viele als große Gefahr. „Wir müssen sofort damit beginnen, die Europäisch­e Union zu verändern. Wir brauchen eine neue Strategie“, sagte Tajani. „Da kommt jetzt wieder Bewegung in die Gemeinscha­ft“, meinte gestern ein hochrangig­es Mitglied der Brüsseler Eu-kommission.

Der Blick richtet sich vor allem auf die künftige Achse Paris–berlin. Es wird erwartet, dass Merkel mit Macron besser harmoniere­n wird als mit François Hollande. Das könnte gerade in der Phase der Brexit-verhandlun­gen ein großer Gewinn für die verbleiben­de 27er-runde sein.

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Antonio Tajani

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