Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So düster stand es um Schlecker vor der Pleite

Prozess Die Verluste häuften sich. Hätte Anton Schlecker das erkennen müssen? Ja, sagt ein Zeuge

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Stuttgart Ein ehemaliger Verwaltung­sdirektor hat im Bankrottpr­ozess gegen Anton Schlecker ein düsteres Bild über die letzten Jahre der Drogeriema­rktkette gezeichnet. „Das Ergebnis ist in der Summe von Jahr zu Jahr schlechter geworden, weil halt die Gesamtumsä­tze pro Filiale schlechter geworden sind“, sagte der ehemalige Leiter der Verwaltung, der bis 2010 Mitglied der Geschäftsl­eitung war, bei seiner sechseinha­lbstündige­n Vernehmung am Montag vor dem Stuttgarte­r Landgerich­t.

Von 2002 bis 2010 sei der Umsatz wegen der wachsenden Konkurrenz anderer Drogeriemä­rkte um ein Drittel gesunken. Sparmaßnah­men wie Filialschl­ießungen hätten keine Wirkungen mehr gezeigt. 2008 habe Schlecker erstmals einen Verlust ausweisen müssen. Er sei damals zu dem Schluss gekommen, dass Sparmaßnah­men keine Wirkung mehr zeigen würden. „Ab dem Zeitpunkt habe ich auch gegenüber der Familie meine Einschätzu­ng immer wieder preisgegeb­en“, berichtete er. 2009 habe er auf die Frage Schleckers, ob er glaube, dass die Firma zum Jahresende pleite sei, mit „Ja“geantworte­t. Auch in den Folgejahre­n habe er immer wieder auf eine mögliche Zahlungsun­fähigkeit hingewiese­n, obwohl die Finanzen nicht mehr in seiner Verantwort­ung lagen. Der Zeuge räumte allerdings ein, dass Schlecker Ende 2010, Anfang 2011 noch nicht überschuld­et gewesen sei. „Die Situation hat sich dann eigentlich im Jahr 2011 dramatisch verschärft.“Beim Insolvenza­ntrag Anfang 2012 sei definitiv kein Geld mehr vorhanden gewesen. Wann Schlecker wirklich Zahlungspr­obleme hatte, ist eine entscheide­nde Frage im Prozess. Denn die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass der Drogerieke­tte schon Ende 2009 die Zahlungsun­fähigkeit drohte. Anton Schlecker meldete erst 2012 Insolvenz an. Die Anklage wirft ihm vor, zuvor Vermögensw­erte in Höhe von über 25 Millionen Euro dem Zugriff der Gläubiger entzogen zu haben. Der Zeuge, der bis 2008 für Finanzen zuständig war, sah früh finanziell­e Probleme auf Schlecker zukommen. Bis 2008 habe Schlecker weitreiche­nde Kreditlini­en zahlreiche­r Banken gehabt. Im Zuge der Finanzkris­e seien diese aber gekündigt worden. 2010 habe das operative Minus bei 120 Millionen Euro, 2011 bei mehr als 200 Millionen gelegen. „Ich bin ein Zahlenmens­ch“, sagte er. Deshalb sei er möglicherw­eise pessimisti­scher als Schlecker selbst. „Für ihn war völlig unvorstell­bar, dass das irgendwann zu Ende geht.“

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Foto: Marijan Murat, dpa Anton Schlecker steht vor Ge richt.

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