Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das Geschäft mit Fake Profilen
Digitales Sie werben mit der großen Liebe. Auf manchen Dating-plattformen aber chatten Singles häufig nicht mit ihrem potenziellen Traumpartner – sondern mit einem Fake
Berlin Die große Liebe hat Philipp auf dieser Dating-seite dann doch nicht gefunden. Nicht mal einen echten Flirt. Stattdessen wurde der 27-Jährige, der eigentlich anders heißt, seinen Namen aber nicht in der Zeitung lesen möchte, hinters Licht geführt. Und so wie ihm geht es vielen. Denn unzählige Fakeprofile täuschen im Internet einen heißen Chat vor.
Das prominenteste Beispiel in Deutschland ist das Flirtportal Lovoo. Gegen den Anbieter aus Dresden wurde vor einigen Jahren ermittelt, weil er Männer mit falschen Frauen-profilen dazu verleitet haben soll, kostenpflichtige Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Bei Philipp war es anders. Er wurde von einer attraktiven Tindernutzerin auf die Plattform gelockt – hat aber ziemlich schnell gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Die Anzeichen? Ihn habe überrascht, dass die Antworten – auch nachts – meist innerhalb weniger Minuten kamen. Außerdem habe ihn die Vielzahl an Frauen verwundert, die ihn anschrieben. Einige hätten ihm übertrieben geschmeichelt,
Die Skepsis kam, als Frauen auch nachts schrieben
so gut wie immer hätten sie Fragen gestellt und ihn zu weiteren Nachrichten animiert. Nach zwei Tagen wurde er misstrauisch, recherchierte – und fand heraus: Seine Bekanntschaften waren nicht echt, er hat mit sogenannten Moderatoren geschrieben.
Natürlich stehen Philipps Erfahrungen längst nicht für die gesamte Branche. Die meisten Dating-, Flirt- und Partnervermittlungen arbeiten ohne falsche Profile – und haben schon zu manchem Liebesglück verholfen. „Natürlich gibt es eine Vielzahl seriös arbeitender Partnerbörsen“, sagt Frithjof Jönsson von der Verbraucherzentrale in Berlin. Und Pamela Moucha von
betont: „Fake-profile werden bei den großen Anbietern relativ schnell aussortiert.“Sie hätten wenig Interesse daran, das Vertrauen der Nutzer zu verspielen.
Aber was tun diese Moderatoren eigentlich? Sie legen sich etliche Schein-identitäten zu, unterlaufen seriöse Portale und sollen die Singles im Auftrag der Betreiber auf die eigene Plattform locken, sagt Moucha. Dort sollten sie möglichst lange mit den Nutzern chatten. Bei vielen Plattformen ist die Anmeldung zwar kostenlos, alle weiteren Dienste gehen jedoch ins Geld. Die Währung sind sogenannte Coins; bei gibt es 85 Coins im „Schnupper-paket“für 14,99 Euro. Das Senden einer Nachricht kostet fünf Coins – in diesem Fall also knapp 90 Cent. Im „Premium Pack XXL“gibt es 3500 Coins für 499,99 Euro.
Viele Anbieter weisen zwar auf die Moderatoren hin, verstecken den Hinweis aber in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen: „Bei
handelt es sich um einen moderierten Dienst. Die Moderation dient dazu, die Aktivitäten über das Portal und damit die Umsätze des Betreibers zu erhöhen“, heißt es. Und weiter: „Es ist davon auszugehen, dass es sich bei sämtlichen weiblichen Profilen um fiktive Profile handelt, die von Moderatoren betrieben werden.“
Andere Anbieter haben ähnliche Klauseln. Bei heißt es, „dass es sich bei dem überwiegenden Anteil an Profilen um fiktive Profile handelt. Die Moderation dient dazu, die Aktivitäten über das Portal und damit die Umsätze des Betreibers zu erhöhen.“
schreibt von Controllern, die Gespräche auch bei zeitweisem Mangel an anderen Chat-teilnehmern ermöglichen und die Einhaltung von Teilnehmerpflichten gewährleisten sollen.
Was also können die Nutzer von diesen Plattformen erwarten? Lustflirter wirbt mit heißen Flirts und „Singles aus deiner Nähe“, Lovepassions nur mit Spaß. Auf Anfrage stellt ein Sprecher von Love-passions klar, man verstehe sich nicht als Dating-, sondern als Unterhaltungsund Chat-plattform. „Das Ziel der Seite ist es, Menschen zu unterhalten.“Der Anteil moderierter Profile liege bei rund acht Prozent.
hingegen verspricht auf der Webseite „hohe Erfolgschancen“. Auf der Homepage lächelt sich ein Pärchen verträumt an, daneben steht: „Wir haben uns bei x2love kennengelernt und sind überglücklich.“Der Betreiber von ist die Triamediaworx Unternehmensgesellschaft. Nach mehreren Anfragen per Mail wollte sich niemand zur Sache äußern. Stattdessen wurden im Fall etwaiger Berichteretwa stattung juristische Schritte angedroht. Die Macher von Lustflirter reagierten gar nicht auf eine Anfrage.
Philipp jedenfalls ist nicht überglücklich geworden. Stattdessen hat er rund 50 Euro ausgegeben – und etwas gelernt: Man müsse realistisch bleiben, schreibt er. Aus Verbrauchersicht ist das Vorgehen der Anbieter fraglich. Jönsson von der Verbraucherzentrale meint, mit derlei Klauseln müsse der Kunde nicht rechnen. „Es geht letztlich um die Abzocke der Verbraucher.“
Die Verantwortlichen bei Lovoo geben sich einsichtig. „Fake-profile sind eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit von Dating-apps. Sie führen zu einer großen Enttäuschung bei Nutzern und auf Dauer zu Misstrauen gegenüber einer ganzen Branche. Wir haben diese Erfahrung direkt gemacht“, sagt ein Sprecher. Die Dresdner haben daraus gelernt – und ihre Fakes gelöscht. Die Ermittlungen gegen die Anbieter wurden gegen eine Geldauflage eingestellt.