Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Augsburg, wo bleiben die Popstars?
Konzerte James Blunt war schon da, der Graf auch. Doch viele andere Musiker bleiben der Fuggerstadt fern. Zwei Kenner erklären, woran das liegt und wie man das ändern könnte
Sie gingen weg wie nichts. Schon Anfang Dezember waren die gut 1800 Karten für Wanda im Kongress am Park vergriffen. Dabei sollte die aufstrebende österreichische Band erst Mitte März, dreieinhalb Monate später, im Augsburger Kongress am Park auftreten. Gut möglich, dass die Veranstalter bis dahin noch 1000 weitere Tickets hätten verkaufen können. Doch da beginnt das Problem. Augsburg hat keine Halle, die für 3000 Zuschauer ausgelegt ist.
Klar, die Schwabenhalle auf dem Augsburger Messegelände bringt bei Konzerten bis zu 8000 Fans unter. Doch der Sprung dahin ist für Künstler gewagt – und für viele von ihnen zu groß. Sebastian Karner kennt das zu gut. Der 42-Jährige, der den Liveklub Kantine im Westen von Augsburg betreibt, holt immer wieder regional und national bekannte Bands in die Fuggerstadt. Bands wie Wanda.
Eigentlich sind die Zeiten gar nicht schlecht für Konzertveranstalter. Weil immer mehr Menschen ihre Lieblingssongs bei kostenlosen Internetanbietern wie Youtube und Spotify anhören, anstatt CDS zu kaufen, sinken die Einnahmen für Musiker im Plattenverkauf seit Jahren. Deshalb gehen viele von ihnen immer häufiger auf Tournee. So kommen auch größere Bands vermehrt in kleinere Städte und treten in kleineren Hallen auf. Darin könnte eine Chance für Augsburg liegen.
Doch Karner beklagt zweierlei. Erstens habe Augsburg keine Halle, die mit 1000 Konzertgästen ausgelastet sei. Eine Halle, wie sie Ulm zum Beispiel mit dem Roxy habe. Zweitens fehle eine Halle mit einer Kapazität von etwa 3000 Zuschauern. Die Folge: Viele interessante Sänger und Bands bleiben weg.
Augsburg hat es nicht leicht. Zu groß ist der Einfluss der nicht einmal 70 Kilometer entfernten Weltstadt München. Dort geben sich die Bruno Mars und David Garretts dieser Welt das Mikrofon in die Hand. Der Andrang ist groß – auch wegen der vielen Fans aus Augsburg und der Region, die dann in die Landeshauptstadt strömen. Nur wenige von ihnen machen später in Augsburg halt. Öfter reisen sie nach Kempten, um in der Bigbox vor 3000, 4000 oder 9000 Fans aufzutreten. Oder nach Ulm, um in der Ratiopharm-arena vor 6500 oder 9000 Zuschauern zu singen. Auch unter freiem Himmel hinkt Augsburg hinterher. 2100 Plätze bietet die Freilichtbühne. Auf den Ulmer Münsterplatz passen fünfmal so viele Zuschauer. Die Konkurrenz schläft nicht. Das wissen auch die Augsburger Veranstalter.
Die Fuggerstadt sei aber in den vergangenen Jahren veranstalterfreundlicher geworden, sagt Erwin Kistler vom Konzertbüro Augsburg. „Die Konzerte sind voll, die Infrastruktur passt, das spricht sich langsam herum“, erzählt der 56-Jährige.
Anders sieht es Karner. „Wir verlieren gerade eher den Anschluss“, sagt er. „Städte wie Kempten, Ulm oder Würzburg haben mehr zu bieten als wir.“In Kategorien heißt das nach Karner: Während München zur ersten Reihe gehöre, werde Augsburg bei Veranstaltern gleich zwei Stufen darunter eingeordnet. „Schön wäre es, wenn Augsburg in die zweithöchste Kategorie kommt“, sagt Karner.
Es ist nicht so, dass Starmusiker Augsburg meiden würden. 2014 kamen der britische Sänger James Blunt, 2015 der Graf von Unheilig in die Schwabenhalle. Im vergangenen Jahr traten die Hip-hop-gruppen Deichkind und Die Beginner auf. Der Laden war jedes Mal voll. Es kann aber auch anders laufen. Ende 2011 gaben die Fantastischen Vier in der Schwabenhalle ein Konzert. Gerade mal 3000 Fans kamen. Gelohnt hat sich das finanziell nicht. „Spannend wird die Schwabenhalle erst ab etwa 4000 verkauften Karten“, sagt Karner. Schaffe man diese Marke nicht, mache man lieber die Kongresshalle voll.
Wie schwer sich Augsburg tut, zeigt ein Blick in den diesjährigen Veranstaltungskalender. In die Kemptener Bigbox kommen James Blunt und Howard Carpendale. Auf den Ulmer Münsterplatz die Scorpions und in den Ulmer Sportpark Bryan Adams. In Augsburg machen gerade mal die Sportfreunde Stiller halt. Sie werden dann bereits in Stuttgart, Regensburg und Ulm gespielt haben. Gebucht sind sie nicht für die Schwaben-, sondern für die Kongresshalle. Tickets sind noch zu haben.