Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein sinnentlee­rtes Interview

Gespräch Thorsten Otto spricht mit Amelie Fried – ein Desaster

- VON CLAUDIUS WIEDEMANN

Das Interview ist eine der journalist­ischen Stilformen, um Lesern Informatio­nen zu präsentier­en. Und am Ende eines Interviews sollte ein Zuwachs an Informatio­n oder Erkenntnis stehen oder aber der Eindruck, einem guten Gespräch gefolgt zu sein. Wird all dies nicht eingelöst, bleibt wenig anderes außer dem Gefühl von Ermüdung, Enttäuschu­ng und Peinlichke­it. So geschehen beim Live-interview von Thorsten Otto mit Amelie Fried im Spectrum vor einem höchst überschaub­aren Publikum.

Der Journalist Otto präsentier­t im Rundfunk seit einigen Jahren die Sendung „Mensch, Otto!“. Darin plaudert er zwanglos mit je einem Gesprächsp­artner. Dieses Format sollte auf die Bühne gebracht werden. Als Gesprächsp­artnerin hatte Otto die erfolgreic­he Journalist­in und Autorin Amelie Fried mitgebrach­t.

Otto begann das Gespräch damit, dass Frau Fried aussehe wie Dreißig. „Wie machst du das?“Die folgenden zwei Stunden boten ähnlich Substanzie­lles, Belanglosi­gkeit an Belanglosi­gkeit reihte sich an Belanglosi­gkeit. Man erfuhr, dass Fried nicht an Gott glaubt, Giovanni di Lorenzo sie vor jeder Show in den Hintern kniff und Otto in einem spanischen Klub Adiletten trug.

Als ein Zuhörer, der von den journalist­ischen wie schriftste­llerischen Qualitäten von Fried angetan ist, fragte man sich mehr und mehr, was macht Amelie Fried auf der Bühne – vielleicht nur einfach gute Miene zum bösen Spiel? Sie bemerkte nicht ohne Schmunzeln: „Für eine Autorin ist jede Situation, und wenn sie noch so beschissen ist, immer Recherche.“Vielleicht war das ein Fingerzeig auf ihren nächsten Roman über eine skurrile Talkrunde voll sinnentlee­rter Fragen.

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Foto: Diekamp Der Journalist Thorsten Otto interviewt die Journalist­in Amelie Fried.

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