Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein sinnentleertes Interview
Gespräch Thorsten Otto spricht mit Amelie Fried – ein Desaster
Das Interview ist eine der journalistischen Stilformen, um Lesern Informationen zu präsentieren. Und am Ende eines Interviews sollte ein Zuwachs an Information oder Erkenntnis stehen oder aber der Eindruck, einem guten Gespräch gefolgt zu sein. Wird all dies nicht eingelöst, bleibt wenig anderes außer dem Gefühl von Ermüdung, Enttäuschung und Peinlichkeit. So geschehen beim Live-interview von Thorsten Otto mit Amelie Fried im Spectrum vor einem höchst überschaubaren Publikum.
Der Journalist Otto präsentiert im Rundfunk seit einigen Jahren die Sendung „Mensch, Otto!“. Darin plaudert er zwanglos mit je einem Gesprächspartner. Dieses Format sollte auf die Bühne gebracht werden. Als Gesprächspartnerin hatte Otto die erfolgreiche Journalistin und Autorin Amelie Fried mitgebracht.
Otto begann das Gespräch damit, dass Frau Fried aussehe wie Dreißig. „Wie machst du das?“Die folgenden zwei Stunden boten ähnlich Substanzielles, Belanglosigkeit an Belanglosigkeit reihte sich an Belanglosigkeit. Man erfuhr, dass Fried nicht an Gott glaubt, Giovanni di Lorenzo sie vor jeder Show in den Hintern kniff und Otto in einem spanischen Klub Adiletten trug.
Als ein Zuhörer, der von den journalistischen wie schriftstellerischen Qualitäten von Fried angetan ist, fragte man sich mehr und mehr, was macht Amelie Fried auf der Bühne – vielleicht nur einfach gute Miene zum bösen Spiel? Sie bemerkte nicht ohne Schmunzeln: „Für eine Autorin ist jede Situation, und wenn sie noch so beschissen ist, immer Recherche.“Vielleicht war das ein Fingerzeig auf ihren nächsten Roman über eine skurrile Talkrunde voll sinnentleerter Fragen.