Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Studieren mit Blumen und Schafen
Umwelt Warum das Wissenschaftszentrum auf neuen Wildwuchs an der Uni setzt. Schafe auf den Campus sollen ihn aber in Grenzen halten
An der Uni Augsburg werden Studenten bald zwischen Blumen und Schafen studieren. Denn auf dem Campus gibt es ein neues Miteinander von Mensch, Tier und Natur. Auf der grünen Wiese am Wissenschaftszentrum Umwelt (WZU) sollen ab Juni zum ersten Mal Schafe weiden. In diesem Bereich des Universitätsgeländes wurde eine typische Augsburger Heide angelegt. Damit sich der Naturraum inmitten des Studienbetriebs mit 20 000 Studenten gut entwickeln kann, sind tierische Helfer notwendig. Es ist ein Experiment. Wenn es klappt, könnte mehr daraus werden.
Der Augsburger Campus mit seinen weitläufigen Grünflächen gilt als einer der schönsten in Bayern und Süddeutschland. Seltene Tierund Pflanzenarten gibt es rund um die vielen Gebäude für Lehre und Forschung bislang aber kaum. Das beginnt sich nun zu ändern: 2013 wurde am WZU, das gegenüber der Physik steht, gezielt eine neue Uniheide angelegt. Helfer bereiteten zusammen mit der städtischen Landschaftspflege zunächst den Boden vor. Dann brachten sie Mähgut und Samen von typischen Augsburger Heidepflanzen darauf aus. Die Saat ist aufgegangen. Jens Soentgen, wissenschaftlicher Leiter am WZU, spricht von einem großen Erfolg: „Die Fläche hat sich prächtig entwi- und ist jetzt die artenreichste auf dem ganzen Campus.“Eine neue Untersuchung ergab, dass auf der Uniheide inzwischen 112 verschiedene Arten leben. Laut Soentgen ist das mehr als das Dreifache der Arten auf dem sonstigen Gelände.
Nicht nur die Artenvielfalt hat enorm zugenommen. Aus der Uniheide ist ein Lehrprojekt für Umweltbildung geworden. Universität und städtische Landschaftspflege arbeiten auch hier zusammen: „Angehende Lehrer sollen frühzeitig etwas über regionale Naturschutzthemen erfahren“, sagt Nicolas Liebig vom Landschaftspflegeverband. „Diese Erkenntnisse können sie später direkt an ihre Schüler weitergeben.“
Heide ist zwar Natur. Aber auch sie muss regelmäßig gepflegt werden. Damit sich empfindliche Pflanzen wie Küchenschelle oder Ochsenauge gut entwickeln können, wird nur einmal im Jahr gemäht – und zwar von Hand mit der Sense. Nun kommen aber auch Schafe als schonende Rasenmäher ins Spiel.
Die Unileitung hat zugestimmt, dass im Sommer erstmals eine Schafherde die Heideflächen beweiden darf. Zum Einsatz kommen sogenannte Skudden. Das ist eine der ältesten Rassen von Hausschafen, die ursprünglich aus Ostpreußen stammt. Liebig freut sich, dass sie in dem Beweidungsprojekt zum Einsatz kommt. „Der Bestand dieser Rasse ist heute stark gefährdet“, sagt er. Skudden gelten als besonckelt ders genügsam und kommen mit dem wenigen Futter auf der Uniheide gut zurecht. Gehalten werden die neuen „Dienstschafe“für die Uni von der Augsburger Cityfarm.
Wenn die Premiere gelingt, könnte mehr daraus werden. „Mein Ziel ist, dass der gesamte Unicampus zur Heide wird“, sagt Soentgen. Er muss aber noch Aufklärungsarbeit leisten. Manche Besucher und einige Beschäftigte der Universität wundern sich über den neuen Wildwuchs am WZU. „Sie meinen, wir lassen die Uni verwildern“, sagt Soentgen. Das Gegenteil sei der Fall. Die Natur sei dort besonders intakt. „Es ist die einzige Fläche an der Uni, auf der man Grillen zirpen hören kann.“Auch seltene Schmetterlinge fühlen sich dort wohl.
Für den städtischen Landschaftspflegeverband hat das Projekt am WZU Vorbildcharakter. „Das Schöne ist, dass wir hier beispielhaft zeigen, wie artenreiche Grünflächen im Umfeld der Uni und des Innovationsparks aussehen können“, sagt Geschäftsführer Nicolas Liebig. Ohne Bebauung gäbe es an dieser Stelle Lechheiden. Liebig würde sich auch freuen, wenn das innovative Beispiel gerade beim Innovationspark Schule machen würde. Schafe und Ziegen wären nach seiner Einschätzung ein toller Hingucker für Besucher und auch ein gutes Beispiel einer ökologischen Grünflächenpflege. »Meinung