Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Auto nach fünf Minuten abgeschlep­pt?

Parken Eine Fahrerin beschwert sich über das rigorose Vorgehen einer Augsburger Firma. Und über hohe Kosten

- VON JAN KANDZORA

Es sollte ein kurzer Stopp werden. Schnell zur Post am Hauptbahnh­of, eine Bestellung der Tochter abholen, die kleinere Möbel über das Internet gekauft hatte, dann weiter. Petra Müller* suchte am Donnerstag­vormittag nach einem Parkplatz und fand keinen, sie war dadurch spät dran; also stellte sie ihr Auto in der Nähe der Ladehöfe ab. Sie machte das Warnblinkl­icht an, um zu signalisie­ren, dass sie nicht lange weg sein würde, und ging zur Post. „Gefühlte fünf Minuten“habe sie dort zugebracht, sagt sie. Doch als sie zum Auto zurückwoll­te, war es weg. Es war abgeschlep­pt worden.

Ein Vorfall, der die 54-Jährige wütend macht. Noch nie sei ihr das passiert, berichtet sie. Klar, sie hätte dort nicht stehen dürfen. Aber sie sei doch nur kurz weggewesen, und die Kosten seien happig. Die Abschleppf­irma, sagt Müller, habe ja regelrecht auf der Lauer liegen müssen. Zudem habe ihr ein Mitarbeite­r des Unternehme­ns am Telefon gesagt, sie könne ihr Auto für 170 Euro abholen, als sie dann vor Ort war, seien es 240 Euro gewesen.

Mitgenomme­n hatte das Auto die Augsburger Firma „Blitz Abschleppd­ienst“, die vor ein paar Jahren schon mal in den Schlagzeil­en war, da es im Hochfeld Autos von Gläubigen kassierte, während diese im Gottesdien­st saßen. Immer mal wieder, sagt Inhaber Volkan Cindil, schleppe man auf dem Gelände beim Bahnhof Autos ab, dazu sei man schließlic­h vom Eigentümer des Areals beauftragt worden. Kritik an der Arbeitswei­se seiner Firma ficht Cindil nicht an. „Wir machen unseren Job“, sagt er. „Wenn ich es nicht tue, macht es wer anderes.“Es handele sich in dem Fall um ein Privatgrun­dstück, auf dem diverse Warnschild­er darauf hinweisen, dass man dort nicht parken dürfe. Generell müssten die Leute in Augsburg bei seiner Firma immer 240 Euro zahlen, um ihr Auto wiederzube­kommen, sagt Cindil. Nicht immer reagiere man nur auf Anrufe, manchmal kontrollie­re man auch selbststän­dig vor Ort. Beim Abschleppe­n müsse es schnell gehen, in fünf Minuten sei das aber nicht zu schaffen, sagt Cindil. Man müsse auch Fotos machen, um den Vorgang zu dokumentie­ren, zwischen zehn und zwanzig Minuten dauere es insgesamt immer.

Eigentümer des Areals und Auftraggeb­er des Abschleppd­ienstes ist Aurelis, ein ehemaliges Tochterunt­ernehmen der Deutschen Bahn. Aurelis hat die Ladehöfe neben dem Augsburger Bahnhof von der Bahn bereits im Jahr 2003 erworben. Im Oktober 2016 Jahr teilte die Firma mit, dass sie fortan zu „konsequent­en Maßnahmen“greifen werde, da das Gelände immer wieder widerrecht­lich als Durchgang oder Parkplatz genutzt worden sei. Aurelis berichtete auch von zunehmende­n Beschwerde­n über „Vandalismu­s und Vermüllung“. Seitdem werden Autos dort abgeschlep­pt. Verändert, sagt eine Sprecherin nun, habe sich an der Gesamtsitu­ation seither nichts. Den meisten Betroffene­n, sagt der Augsburger Verkehrsre­chtsanwalt Udo Reissner, bleibe bei solchen Fällen zunächst einmal nichts übrig, als zu zahlen, wenn sie ihr Auto zeitig wiederbeko­mmen wollen. Der Weg über die Gerichte könne sich ziehen. Er rate aber, unter einem Rückforder­ungsvorbeh­alt zu bezahlen. Die Rechtsprec­hung sei etwa in der Frage, ob Firmen Autos einbehalte­n dürfen, nicht zu einhundert Prozent klar. Auch dürfen die Abschleppk­osten nicht willkürlic­h hoch sein, sondern müssen nach dem richten, was ortsüblich ist. 240 Euro, sagt Reissner, dürfte in Augsburg am oberen Rand liegen, aber noch vertretbar sein.

Petra Müller jedenfalls empfindet das Vorgehen der Firma als „Sauerei“. Aber vielleicht, sagt sie, diene ihr Fall anderen Autofahren ja als Warnung.

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Foto: Silvio Wyszengrad Auf dem Ladehof Areal kündigen Schil der an, dass Autos abgeschlep­pt wer den.

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