Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein neues Gebäude sorgt für Getuschel bei der Justiz
Umzug Weil es mehr Richter und Staatsanwälte gibt, hat der Freistaat eine private Immobilie in Göggingen gemietet. Vermieterin ist die Frau des Csu-politikers Bernd Kränzle. Warum es aber keine Hinweise auf „Spezlwirtschaft“gibt
Das Strafjustizzentrum, vor 15 Jahren an der Gögginger Straße eingeweiht, ist zu klein. Die Justiz hat ihr Personal seither kräftig aufgestockt, auch eine Folge der steigenden Zahl großer Wirtschaftsstrafverfahren. Anfang Mai sind Teile des Amtsgerichts und der Staatsanwaltschaft in ein neues, einen Kilometer entferntes Gebäude umgezogen. Der Freistaat hat das dreigeschossige Eckhaus in der Edisonstraße 7 angemietet. Der Name der Vermieter sorgt in Justizkreisen für Aufsehen: Evi Schmidt-kränzle. Es handelt sich um die Ehefrau des Csu-politikers Bernd Kränzle. Er ist Stadtrat, Landtagsabgeordneter und war Justiz-staatssekretär.
Da entsteht leicht der Verdacht, der Vermieterin könnten die guten Kontakte ihres Mannes zu Politik und Justiz geholfen haben. Immerhin bezahlt der Freistaat für das Gebäude monatlich eine Miete, die im Bereich zwischen 15000 und 20000 Euro liegt. Landgerichtspräsident Herbert Veh weist jedoch jeden Verdacht der „Spezlwirtschaft“entschieden zurück. Er versichert, es sei nichts gemauschelt worden. „Es war einfach das beste Angebot.“Beim Immobilienverwalter des Freistaats, dem staatlichen Unternehmen „Immobilien Freistaat Bayern“, bestätigt man die Aussage. Dort wurde der Mietvertrag ausgehandelt. Geschäftsführer Dieter Knauer sagt, es seien sechs Mietangebote und ein Neubau geprüft worden. Mit der Justiz habe man sich „aus wirtschaftlichen Gründen“für die Edisonstraße entschieden. Für einen Neubau fehlten im Staatshaushalt die Millionen. Der zunächst auf zehn Jahre festgeschriebene Mietvertrag wurde Ende 2015 unterschrieben.
Im April 2014 hatte es eine erste, ein Jahr später wegen geänderter Raumpläne eine zweite Ausschreibung gegeben. Am 23. Mai 2015 erschien dazu folgende Zeitungsanzeige: „Der Freistaat Bayern sucht ein Verwaltungsobjekt in Augsburgstadt, Nähe Gögginger Straße.“Die Frau des Abgeordneten hat sich beide Male an der Ausschreibung beteiligt. Doch wie und wann hat sie erfahren, dass die Justiz nach Räumen sucht? Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, gibt Auskunft. Im Juni 2014 besichtigten demnach Mitarbeiter der Justiz ein Gebäude in der Ohmstraße. Es erwies sich als ungeeignet. Doch zwei Häuser weiter fiel ihnen ein ehemaliger Gewerbebetrieb auf, die stillgelegte Holzhandlung Schmidt. Nachbarn verrieten, wer die Besitzerin ist.
Im Herbst 2015 fiel die Entscheidung für diese Immobilie. Im Ministerium weiß man: Der Name Kränzle kann in dem Zusammenhang heikel sein. Immerhin war der Politiker von 1994 bis 1998 Justizstaatssekretär. Aber Amtschef Frank Arloth trägt die Entscheidung mit, ebenso die Spitze des Finanzministeriums. Evi Schmidt-kränzle und ihr Mann Bernd wollen sich mit Verweis auf ihre Privatsphäre nicht äußern. Die Bautafel am Gebäude verschwand kurz nach Beginn der Recherche.
Das Gebäude ist inzwischen kernsaniert. Es verfügt über 1400 Quadratmeter für Büros und weitere 600 Quadratmeter als Lagerfläche für Akten. Hier arbeiten künftig Staatsanwälte, die Wirtschaftsdelikte verfolgen und Amtsrichter, die Wirtschaftsprozesse führen. Die Verhandlungen finden jedoch weiter in den Sälen des Strafjustizzentrums statt. Interessant wird sein, wie Staatsanwälte, Richter, Servicekräfte das tägliche Pendeln zwischen zwei Arbeitsplätzen bewältigen. Denn nahezu jedes Mal muss viel Papier geschleppt werden. Die „elektronische Akte“steckt noch in den Kinderschuhen. Die Justiz erwägt nun unter anderem, ihr Personal mit E-bikes auszustatten.